Der neue Botschafter des Malteserordens in Deutschland im Interview

"Unsere Beziehungen zu Deutschland sind hervorragend"

Veröffentlicht am 25.01.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Malteserorden

Berlin ‐ Seit Anfang des Jahres ist Baron Maciej Heydel erster Botschafter des Malteserordens in der Bundesrepublik. Im Interview mit katholisch.de spricht er über seine Aufgabe und interne Konflikte des Ordens.

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Frage: Baron Heydel, die Bundesrepublik Deutschland ist einer der wichtigsten Partner des Malteserordens: Allein 50.000 der weltweit rund 80.000 Freiwilligen des Ordens sind in Deutschland aktiv, und auch die internationale Hilfsorganisation Malteser International hat hier ihren Sitz. Wie würden Sie die Beziehungen zwischen dem Orden und der Bundesrepublik beschreiben?

Heydel: Die Beziehungen können als beispielhaft angesehen werden. Sie haben auf die große Zahl der Freiwilligen in Deutschland hingewiesen; das ist wirklich beeindruckend. Die Malteser sind in allen deutschen Bistümern aktiv. Auch die Diözesen selbst engagieren sich stark in der Hilfe für Länder, die von Krieg, Naturkatastrophen oder anderen Unglücken betroffen sind. Außenminister Sigmar Gabriel hat zudem im vergangenen November bei einem Besuch des Ordens in Rom die historische Verantwortung der Bundesrepublik gegenüber Ländern in Not betont. Dieser Verantwortung wird Deutschland durch seine vielfältige Unterstützung für arme Regionen auf der ganzen Welt auf eindrucksvolle Weise gerecht.

Frage: Warum hat es trotz der guten Beziehungen zwischen dem Orden und der Bundesrepublik so lange gedauert, bis es Anfang dieses Jahres zur Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen kam?

Heydel: Die Zusammenarbeit zwischen dem Orden und der Bundesrepublik ist bei vielen Projekten in den vergangenen Jahren stetig enger geworden. Die Schaffung voller bilateraler Beziehungen war vor diesem Hintergrund ein logischer Schritt. Der Malteserorden unterhält zu insgesamt mehr als 100 Staaten diplomatische Beziehungen. Dies hilft uns in vielen Fällen, unsere Mission unter dem Leitspruch "Tuitio fidei et obsequium pauperum – Bezeugung des Glaubens und Hilfe den Bedürftigen" noch besser erfüllen zu können.

Linktipp: Erster Malteser-Botschafter beim Bundespräsidenten

Im November hatten der Malteserorden und Deutschland diplomatische Beziehungen aufgenommen. Nun folgte der Antrittsbesuch des Botschafters in Berlin. Er ist für die Bundesregierung kein Unbekannter.

Frage: Was denken Sie: Wie werden sich die Beziehungen zwischen dem Orden und Deutschland durch die offizielle Aufnahme diplomatischer Beziehungen verändern?

Heydel: Ich glaube nicht, dass dies die Beziehungen verändern wird, weil sie schon vorher hervorragend waren und auch in Zukunft hervorragend bleiben werden.

Frage: In den vergangenen neun Jahren waren Sie bereits als Delegierter des Malteserordens in Deutschland tätig und in dieser Funktion für die Beziehungen zur Bundesregierung zuständig. Wie unterscheidet sich Ihre neue Aufgabe als Botschafter von dieser vorherigen Tätigkeit?

Heydel: Als Delegierter war es meine vorrangige Aufgabe, eine hohe Qualität in den Beziehungen zwischen dem Orden und der Bundesrepublik sicherzustellen und den Weg zur Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen zu ebnen. Nachdem diese Beziehungen nun etabliert sind, kann ich mich künftig auf diplomatischer Ebene stärker um humanitäre Projekte zum Wohle der Menschheit kümmern.

Frage: Sie selbst sind Pole, Ihre Familie hat allerdings deutsche Wurzeln und kam Ende des 17. Jahrhunderts mit der Krönung des sächsischen Monarchen August II. zum polnischen König in Ihr heutiges Heimatland. Welche Verbindungen haben Sie heute noch nach Deutschland?

Heydel: Es stimmt, dass meine Familie ursprünglich aus Deutschland kommt. Die jüngere Geschichte unserer familiären Beziehungen zu Deutschland ist allerdings sehr traurig: Mein Großvater Baron Wojciech Heydel und sein Bruder Adam, ein angesehener Professor an der Jagiellonen-Universität in Krakau, wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet; das Schloss unserer Familie wurde vor den Augen meines Vaters und seiner Geschwister von der Wehrmacht niedergebrannt. Ich bin dankbar, dass meine Generation in einer anderen Zeit aufgewachsen ist – nämlich im Geist des Hirtenbriefs der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder im Jahr 1965. Ich denke, dieser Brief sollte von Polen und Deutschen heute noch einmal genau gelesen und analysiert werden. Darüber hinaus freue ich mich über viele polnisch-deutsche Ehen in meiner Generation sowie die vielen europäischen Freundschaften in der Generation meiner Kinder, für die der Zweite Weltkrieg nur noch weit entfernte Vergangenheit ist.

Eine rote Flagge mit einem weißen Kreuz.,
Bild: ©picture alliance

Der Malteserorden hat erstmals seit 1806 diplomatische Beziehungen mit Deutschland aufgenommen.

Frage: Wenn Sie – auch vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Familiengeschichte – heute auf Deutschland schauen: Was gefällt Ihnen? Und was nicht?

Heydel: Ich möchte jetzt nicht in Klischees verfallen und die Qualität deutscher Autos loben (lacht). Was ich an Deutschland wirklich schätze, ist die ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte; hier könnten sich viele Staaten durchaus ein Beispiel an der Bundesrepublik nehmen. Die Deutschen sollten sich aber auch daran erinnern, dass sie ihre herausragende wirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur ihrem eigenen Fleiß zu verdanken haben, sondern insbesondere auch der Unterstützung durch die Vereinigten Staaten, die Deutschlands Stabilität und Sicherheit lange Zeit garantiert haben.

Frage: Im vergangenen Jahr war der Malteserorden wegen interner Konflikte und eines Streits mit dem Vatikan international in den Schlagzeilen. Wie bewerten Sie heute – ein Jahr später – die Situation des Ordens?

Heydel: Der Orden hatte im vergangenen Jahr in der Tat einige interne Probleme; den von einigen Medien beschriebenen Konflikt mit dem Vatikan gab es aber nicht. Interne Auseinandersetzungen gibt es in jeder Organisation und jeder Familie – der Mensch ist schließlich ein Sünder. Aber noch einmal: Einen Konflikt mit dem Vatikan gab es nicht. Der Malteserorden stand und steht ohne jede Diskussion fest an der Seite des Heiligen Vaters.

Von Steffen Zimmermann

Zur Person

Maciej Heydel (*1962) ist seit Anfang des Jahres der erste Botschafter des Malteserordens in der Bundesrepublik Deutschland. Der 55-Jährige stammt aus Polen und war in den vergangenen neun Jahren bereits offizieller Delegierter des Ordens in Berlin und in dieser Funktion für die Pflege der Beziehungen zwischen dem Orden und der Bundesregierung zuständig. Heydel hat Bauingenieurwesen studiert und danach unter anderem als Marketing-Direktor gearbeitet, zudem war er einige Monate Finanzstaatsekretär in Polen. An seinem Wohnort bei Poznan betreibt er eine eigene Unternehmensberatung.