Untersekretär der Bildungskongregation im katholisch.de-Interview

Vatikan will katholische Fakultäten nicht reduzieren

Veröffentlicht am 29.01.2018 um 13:15 Uhr – Lesedauer: 
Deutschland

Vatikanstadt ‐ Am Wochenende wurde spekuliert, ob der Vatikan die Zahl der katholisch-theologischen Fakultäten in Deutschland drastisch reduzieren will. Nun kommt vehementer Widerspruch aus der Bildungskongregation.

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In Deutschland gibt es aktuell 19 katholisch-theologische Fakultäten. Doch der Vatikan wünsche sich, dass diese künftig auf vier bis fünf verringert würden, hieß es in einer Meldung vom Wochenende. Anlass war der Fakultätentag der katholisch-theologischen Fakultäten in Wittenberg. Friedrich Bechina, der Unterskretär der vatikanischen Bildungskongregation, weist diese Spekulationen nun im Gespräch mit katholisch.de zurück.

Frage: In einer Meldung vom Wochenende war zu lesen, die Bildungskongregation wolle die Zahl der katholisch-theologischen Fakultäten in Deutschland drastisch verringern. Warum?

Bechina: Das ist falsch. Die vatikanische Bildungskongregation hat sich in keiner Weise über die künftige Anzahl von katholisch-theologischen Fakultäten in Deutschland geäußert. In den Verhandlungen mit der Deutschen Bischofskonferenz und mit den Konkordatspartnern ist es uns stets darum gegangen, die Standorte der katholisch-theologischen Fakultäten zu erhalten. Es ist unsererseits in keiner Weise an Kürzungen gedacht. Allerdings wollen wir, dass das Profil der Fakultäten gestärkt und die Spezialisierung vorangetrieben wird. Die jeweiligen Stärken der Fakultäten sollen weiter gestärkt werden und nicht jede Fakultät muss alle Fachbereiche gleichermaßen umfassend abdecken. Das hat auch der Wissenschaftsrat empfohlen.

Frage: Also bleiben alle katholisch-theologischen Fakultäten erhalten?

Bechina: Diese Frage hängt natürlich nicht allein von unseren Wünschen ab, sondern auch davon, ob es uns gelingt, die Bedeutung der theologischen Fakultäten für Universität und Gesellschaft glaubwürdig zu vermitteln. Es besteht ein Einvernehmen zwischen der Bildungskongregation und dem Fakultätentag, dass wir die Fakultäten nicht reduzieren, sondern weiterentwickeln und profilieren wollen. Diese Auffassung teilen auch die Bischofskonferenz und zumindest im Grundsatz auch die betroffenen Regierungen der deutschen Bundesländer. Die Frage der Standorte können wir ohnehin nicht allein entscheiden. Das geht nur im Dialog mit dem Konkordatspartner - also den Bundesländern, die einen Großteil der Standorte finanzieren. Im Fall der rein kirchlichen Fakultäten sind die zuständigen Bischöfe und die Deutsche Bischofskonferenz unsere ersten Gesprächspartner.

Frage: Heute wurde im Vatikan eine neue Apostolische Konstitution, also päpstliche Studiengesetzgebung für die kirchlichen Hochschulen vorgestellt: Welche Auswirkungen hat diese auf die katholisch-theologischen Fakultäten?

Bechina: Hinter der Apostolischen Konstitution "Veritatis gaudium" steht die Absicht, der Theologie in Universität, Gesellschaft und Kirche eine vernehmbare und wichtige Stimme zu erhalten und diese noch zu stärken. Das Dokument stellt deshalb drei Forderungen an die universitäre Theologie: Sie muss das Evangelium in der heutigen Welt verkünden, und das bedeutet noch mehr in den Dialog zu treten - vor allem in der Öffentlichkeit, in der Gesellschaft, aber auch in der Universität selbst. Zweitens muss Theologie noch mehr inter- und multidisziplinär arbeiten und ihre Selbstbezogenheit überwinden. Und drittens müssen die verschiedenen Fakultäten und Hochschulen enger zusammenarbeiten.

Ausblick auf den Petersplatz von der Kuppel des Petersdomes.
Bild: ©katholisch.de

Im Vatikan weist man die Spekulationen zurück. Die katholisch-theologischen Fakultäten sollen demnach gestärkt und nicht reduziert werden.

Frage: Können Sie ein konkretes Beispiel dafür nennen?

Bechina: Ja, ein sehr gelungenes Beispiel ist etwa die Hochschulzusammenarbeit in Bayern. Hier kooperieren die katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, die Münchner Hochschule für Philosophie und die Stiftungsfachhochschule München bereits jetzt hervorragend. Dieses wissenschaftliche Netzwerk soll auch unter Einbeziehung der Theologischen Fakultäten in Bayern noch weiter ausgebaut werden und könnte dann ein Vorbild für ganz Deutschland werden.

Frage: Welche Konsequenzen hat die neue vatikanische Hochschul-Gesetzgebung sonst noch für Deutschland?

Bechina: Das Schreiben ist ein politisches Dokument, das die Fakultäten ermutigen möchte, neue Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Es enthält aber - was die konkreten Normen betrifft - nichts Revolutionäres. Die große Flexibilität der kirchlichen Studiengesetzgebung bleibt erhalten und wird sogar noch weiter gestärkt. Die nationalen Bischofskonferenzen sollen künftig noch mehr Gestaltungsspielraum erhalten. In Deutschland ist dies aufgrund des besonderen Staat-Kirche-Verhältnisses allerdings ohnehin größtenteils schon jetzt gängige Praxis.

Frage: Gibt es Änderungen für die Besetzung von Professoren-Stellen an katholischen Fakultäten kirchlicher Hochschulen? Etwa mit Blick auf das Zahlenverhältnis von Priestern und Laien an den Fakultäten?

Bechina: Man muss die Bewerber auf Lehrstühle berufen, die vorhanden sind und die die nötige Qualifizierung mitbringen. Das sagen auch die theologischen Fakultäten selbst: Es hat einen Wert, wenn an einer Fakultät sowohl Priester als auch Laien repräsentiert sind, um auch hier eine gewisse Vielfalt und einen dialogischen Charakter zu erreichen. Eine theologische Voll-Fakultät ohne priesterliche Professoren wäre meines Erachtens eine große Verarmung und würde nur schwer ihre Zielsetzung in der ganzen Breite erfüllen.

Frage: Wird sich sonst bei den Berufungen etwas ändern?

Bechina: Man muss natürlich immer mit ganz großem Realismus schauen, wie die Bewerbungslage ist und was ausgeschrieben wird. Aber ich denke schon, dass man in den Ausschreibungen künftig noch mehr Wert darauf legen muss, dass Professoren fähig sind, ihr Fach auch dialogisch zu vertreten, dass sie fähig sind zur Interdisziplinarität und zur Netzwerkarbeit.

Von Thomas Jansen