Diese Religionspolitik plant die Große Koalition
Über vier Monate nach der Bundestagswahl steht nun auch die künftige Regierungskoalition. Laut ihrer Einigung am Mittwoch wollen CDU, CSU und SPD erneut eine Große Koalition eingehen; vorausgesetzt, die Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei stimmen dem Vorhaben zu.
Welche politischen Ziele sich die Parteispitzen für die nächsten vier Jahre gesetzt haben, steht im 177-seitigen Koalitionsvertrag, der am Mittwoch öffentlich wurde. Darin finden sich auch Bekenntnisse und Vorhaben im Bereich der Religionspolitik.
Kirchen und Religionsgemeinschaften
Die Parteien würdigen das Wirken der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Deutschland. "Sie sind wichtiger Teil unserer Zivilgesellschaft und Partner des Staates. Auf Basis der christlichen Prägung unseres Landes setzen wir uns für ein gleichberechtigtes gesellschaftliches Miteinander in Vielfalt ein", heißt es auf Seite 165 des Koalitionsvertrags. Zugleich kündigen Union und SPD an, das Gespräch mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften suchen und sie zum interreligiösen Dialog ermutigen zu wollen, "denn das Wissen über Religionen, Kulturen und gemeinsame Werte ist Voraussetzung für ein friedliches Miteinander und gegenseitigen Respekt".
Ebenso betonen die Parteien in ihrem Papier den Beitrag von Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zum Zusammenhalt der Gesellschaften in Deutschland und Europa; sie stifteten Identität und vermittelten Werte. Darüber hinaus seien sie wichtige Stützen im Bildungs- und Sozialwesen mit Kindertageseinrichtungen und Schulen, mit Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. "Wir wollen den Dialog und die Zusammenarbeit des Staates mit den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften verstärken. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die Integration der Muslime in Deutschland", so Union und SPD auf Seite 118 des Koalitionsvertrags.
Linktipp: Noch nie waren so wenige Christen im Bundestag
In Deutschland gibt es immer weniger Christen. Dieser Trend zeigt sich auch im aktuellen Bundestag: Nur jeder zweite Abgeordnete gehört einer Kirche an. Dafür ist eine andere Zahl besonders hoch.Ein besonderes Bekenntnis enthält der Vertrag mit Blick auf das Judentum. So sollen die zwischen der Bundesrepublik und dem Zentralrat der Juden vertraglich vereinbarten Staatsleistungen angepasst werden. Außerdem betonen die beteiligten Parteien eine "immerwährende Verantwortung" Deutschlands im Kampf gegen Antisemitismus. In diesem Zusammenhang sollen insbesondere junge Menschen Gedenkstätten zu besuchen, um so "dem wachsenden Antisemitismus und Antiziganismus entgegenzuwirken", wie es auf Seite 169 heißt.
Auch wollen Union und SPD den Austausch mit muslimischen Gemeinden in der Deutschen Islamkonferenz fortsetzen. Darüber hinaus kommt der Islam in dem Vertragswerk jedoch fast nur im negativen Kontext des radikalen Islamismus vor. So wollen Union und SPD "den radikalen Islam in Deutschland zurückdrängen" heißt es auf Seite 134. Von Imamen aus dem Ausland wird erwartet, dass sie Deutsch sprechen. Radikalisierte Moscheen sollen gegebenenfalls geschlossen werden. Schließlich soll sichergestellt werden, dass öffentliche Gelder des Bundes nicht an Einrichtungen und Initiativen vergeben werden, die verfassungsfeindliche Tendenzen aufweisen.
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Religionsfreiheit
Union und SPD betonen in ihrem Vertrag die Bedeutung der Religionsfreiheit. Sie sei "ein zentrales Menschenrecht, das weltweit zunehmend eingeschränkt oder komplett infrage gestellt wird". Dies gelte für zahlreiche religiöse Minderheiten weltweit. "Unsere Solidarität gilt allen benachteiligten religiösen Minderheiten", so die Verhandlungspartner auf Seite 155. Um den Einsatz für Religionsfreiheit zu stärken, wollen die Parteien das insbesondere von der Union geforderte Amt eines Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit schaffen. Zudem soll der Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit künftig im zweijährigen Rhythmus und mit einem systematischen Länderansatz fortgeschrieben werden.