Kaplan Christian Olding über das Sonntagsevangelium

Die Sternstunde Jesu

Veröffentlicht am 17.03.2018 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
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Bonn ‐ Das Leben derer, die auf sich selbst fixiert sind, bleibt klein und unfruchtbar, meint Kaplan Christian Olding. Wer hingegen glaubt, lernt Lebensgewinn statt Lebensverlust.

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Impuls von Kaplan Christian Olding

Immer wieder heißt es im Johannesevangelium: "Seine Stunde war noch nicht gekommen." Zu Beginn des Wirkens Jesu auf der Hochzeit zu Kanaan (Joh 2,4) und ebenso, als die jüdische Elite den Entschluss fasst, Jesus zu töten (Joh 7,30). Jetzt aber ist sie da, seine Sternstunde, sein Moment. Es ist die Stunde seines Todes. Oh ja, er wird verherrlicht und erhöht werden, aber am Kreuz, am Holz der Schande. Was nach Kapitulation, Vernichtung und Untergang riecht, wird für die, die glauben, zu einer Stunde des Triumphes über diejenigen, die Jesus scheitern sehen wollten. Diese Stunde, wird für die, die glauben, zu einem Beweis, wie weit Gottes Liebe zu gehen bereit ist, um uns zu zeigen, dass seine Liebe echt und aufrichtig ist. Sie ist bereit, bis zum Äußersten zu gehen, damit wir glauben können. "Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht."

Das Leben, das jemand gewinnt, der nur auf sich selbst fixiert ist, der allzu ängstlich besorgt ist um sein Ich, wird am Ende bestimmt von Neid, Eifersucht und Missgunst. Man frustriert sich selbst. Man vereinsamt, man verbittert. So ein Leben ist am Ende nicht erfüllend. Es bleibt klein und unfruchtbar. Das ist nicht Lebensgewinn. Das ist Lebensverlust. Das Leben rieselt wie Sand zwischen den Fingern hindurch, je verzweifelter wir es festzuhalten versuchen. Deswegen ist Glauben auch eine Bankrotterklärung an den Wahnwitz, sein Leben ausschließlich aus eigener Kraft unter Kontrolle zu bekommen. Es ist das Eingeständnis, dass es alleine eben nicht geht. "Wer an seinem Leben hängt, verliert es".

Wer sein Leben in dieser Welt nicht als den letzten, den absoluten Wert betrachtet, wer nicht den Weg der Macht geht, der wird es gewinnen. Das Leben lebt vom sich verschenken und sich lassen. Menschliches Leben ist nie etwas, das ich allein und für mich haben kann. Einsamkeit ist letztlich schrecklich. Das ist und bleibt das einzige Heilmittel gegen die tödliche und unfruchtbare Einsamkeit: "Denn keiner von uns lebt sich selber und keiner stirbt sich selber: Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn." (Röm 14,7-8).

Die Gemeinschaft, die wir Sonntag für Sonntag in der Eucharistie miteinander genießen, ist ermöglicht durch diese Stunde. Die Hoffnung auf Gottes Nähe, die Erfahrung seines Beistandes hängt an dieser Sternstunde Jesu.

Von Christian Olding

Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 12, 20-33)

In jener Zeit  traten einige Griechen, die beim Osterfest in Jerusalem Gott anbeten wollten, an Philippus heran, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und sagten zu ihm: Herr, wir möchten Jesus sehen.

Philippus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philippus gingen und sagten es Jesus. Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird.

Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht auf die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.

Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren. Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen.

Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen. Die Menge, die dabeistand und das hörte, sagte: Es hat gedonnert. Andere sagten: Ein Engel hat zu ihm geredet. Jesus antwortete und sagte: Nicht mir galt diese Stimme, sondern euch. Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. Das sagte er, um anzudeuten, auf welche Weise er sterben werde.

Der Autor

Christian Olding ist Kaplan in der Pfarrei St. Maria Magdalena in Geldern.

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