Bayerische Katholiken zu Arbeit 4.0 und "Fake News"
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern fordert "sozialethische Maßstäbe" für die digitale Welt. Insbesondere in der Arbeitswelt dürften die Möglichkeiten digitaler Kommunikation nicht dazu führen, dass Sozialstandards unterlaufen werden. In der am Wochenende in Passau beschlossenen Stellungnahme "Menschlich unterwegs in der digitalen Welt" betont das Laiengremium, dass "eine Kirche, die nah am Menschen sein will", sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen müsse.
Bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen müsse darauf geachtet werden, dass eigenverantwortliche Arbeit und Arbeiten von Zuhause aus nicht zu einer unkontrollierten Ausweitung der Arbeitszeit in die Freizeit hinein führten. Heimarbeit dürfe zudem nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer vereinsamen oder sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse "als Deckmantel für Scheinselbständigkeit" missbraucht würden. Das Katholikenkomitee fordert daher die Einhaltung von Mindestpräsenzzeiten am Arbeitsplatz. "Die digitale Vernetzungskultur und die Abkehr von der klassischen Präsenzkultur" setze "ein Mehr an Offenheit und ein noch stärkeres Vertrauen zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten" voraus. Insbesondere seien "Kontrolle und Überwachung der Beschäftigten" durch digitale Werkzeuge zu verhindern.
Christlich orientierte Unternehmensführung wichtiger denn je
Mit Bezug auf die katholische Soziallehre betont das Gremium, dass "gerade in der Zeit der Digitalisierung christlich orientierte Unternehmensführung aktueller denn je" sei: Eigenverantwortliches Arbeiten und Eigenverantwortung zu stärken sei ein Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips, nach dem "Entscheidungen so dezentral wie möglich zu treffen" seien. "Autonome Softwaresysteme", die Menschen die Letztverantwortung über Entscheidungen abnehmen, lehnt das Landeskomitee ab: "Software soll immer nur eine Dienstfunktion haben", heißt es.
Ein weiterer Schwerpunkt der Stellungnahme beschäftigt sich mit Debattenkultur und der Rolle kirchlicher Medienarbeit. Das Landeskomitee kritisiert einen Diskussionsstil in Talkshows und sozialen Netzen, der "die Achtung vor der Würde des Anderen, die nötige Toleranz und die Akzeptanz von Pluralismus vermissen lässt", und die Verbreitung von "Fake News". Die Katholikenvertreter appellieren an das "Verantwortungsbewusstsein aller, die die soziale Medien und Medien insgesamt nutzen" und fordern zu kritischem Hinterfragen auf. Dabei komme dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Rolle als "Garant für eine angemessene Debattenkultur" zu. Bei einer möglichen Neuordnung sei dies zu berücksichtigen.
Bundesweite kirchliche Medienstrategie gefordert
Für die kirchliche Medienarbeit fordert das Gremium eine Professionalisierung und eine "bundesweite Strategie", die sowohl eine Stärkung überregionaler Angebote beinhaltet wie auch die Qualifizierung der Medienakteure der Kirche vor Ort: "Auf allen medialen Wegen sind künftig noch mehr Synergieeffekte unausweichlich, um professionell und schnell auf aktuelle Ereignisse reagieren zu können." Die Kommunikation der Kirche müsse "offensiver, schneller und profilierter" werden: "Digitalisierung ermöglicht eine Streit- und Diskussionskultur, die von der Kirche konstruktiv genutzt werden soll."
Im Landeskomitee der Katholiken in Bayern schließen sich die Diözesanräte der sieben bayerischen Bistümer und die auf Landesebene tätigen kirchlich anerkannten Verbände zusammen. Zu den Aufgaben des von der Bayerischen Bischofskonferenz anerkannten Laiengremiums gehört es, die Anliegen der Katholiken in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Vor dem Landeskomitee haben sich in den vergangenen Jahren bereits andere katholische Organisationen und Institutionen zu sozialethischen Herausforderungen der Digitalisierung geäußert. 2013 hatte sich das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken mit der Stellungnahme "Partizipationsmöglichkeiten und Beteiligungsgerechtigkeit in der digital vernetzten Gesellschaft" zu Wort gemeldet, 2016 veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz die Arbeitshilfe "Medienbildung und Teilhabegerechtigkeit".
Bereits Anfang des 21. Jahrhunderts hatte der Päpstliche Rat für die sozialen Kommunikationsmittel die Dokumente "Kirche und Internet" und "Ethik im Internet" veröffentlicht. Immer wieder äußern sich die Päpste im Rahmen des "Welttags der sozialen Kommunikationsmittel" zu sozialethischen Fragen der Mediengesellschaft. In seiner jüngsten Botschaft befasste sich Franziskus mit dem Thema Fake News. In dem Dokument beklagt er "Missbräuche und "Entstellungen" von Kommunikation und empfiehlt Journalisten als Gegenmittel, sich in der Tugend der Unterscheidung zu üben. (fxn)