Erklärung: Bayerische Professoren kritisieren Kirchenvertreter

Theologen bekennen sich öffentlich zum Kreuz-Erlass

Veröffentlicht am 09.05.2018 um 10:52 Uhr – Lesedauer: 
Gesellschaft

Bonn/München ‐ Der bayerische Kreuz-Erlass sorgte für viel Kritik - auch aus der Kirche. Doch nun melden sich über 30 Theologen aus Bayern zu Wort. Sie verteidigen den Erlass und kritisieren dabei auch Kirchenvertreter.

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Katholische und evangelische Theologie-Professoren und -Hochschullehrer aus Bayern haben sich öffentlich zum Kreuz-Erlass bekannt und ihn gegen Kritik verteidigt. "Für uns unverständlich ist die jetzt öffentlich zur Schau gestellte Solidarisierung einiger kirchlicher Stimmen oder Organisationen mit den Laizisten, die die Kreuze schon lange zumindest aus öffentlichen Gebäuden verbannen wollen", heißt es in einer im Internet veröffentlichten "Ökumenischen Erklärung". Eine solche Haltung grenze an "Selbstaufgabe", was auch Menschen anderer Religionen nicht schätzten und viele Christgläubige befremden würde.

"Dem Vorwurf, hier werde unsere Religion instrumentalisiert, halten wir entgegen, dass der Einsatz von Symbolen ein legitimes Mittel demokratischer Politik ist", heißt es weiter. Wenn die Linkspartei am 1. Mai an Demonstrationen teilnehme oder die Grünen sich gegen Lebensschützer solidarisierten, "wittert keiner die Instrumentalisierung der Arbeiter oder der Genderisten". Vielmehr glaube man ihnen, dass das ihrer ehrlichen Überzeugung entspreche. Wenn hingegen christliche Politiker sich mit dem Kreuz solidarisierten, würde suggeriert, es müsse reine Parteitaktik sein. "Wir sagen nein dazu, dass hier offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird. Wir sagen ja zum Kreuz."

Bislang 34 Unterzeichner

Die Erklärung hat bislang 34 Unterzeichner gefunden (Stand Mittwochvormittag). Darunter befinden sich der auch in Regensburg lehrende Trierer Kirchenrechtler Christoph Ohly, der Münchner Kirchenhistoriker Manfred Heim, der emeritierte Würzburger Fundamentaltheologe Wolfgang Klausnitzer und der St. Pöltener Moraltheologe Josef Spindelböck.

Das bayerische Kabinett hatte vor zwei Wochen das Aufhängen von Kreuzen in allen Dienstgebäuden des Freistaats beschlossen. Sie sollen demnach jeweils im Eingangsbereich als "sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland" angebracht werden, hieß es. Der neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte durch den Beschluss eine breite gesellschaftliche Debatte losgetreten. Überwiegend kritische Stimmen aus Politik und Kirche folgten. Unter anderem rügte der Münchner Erzbischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, den Vorstoß Söders.

Keine Neuerung, nur eine Ergänzung

"Wir erklären, dass wir für jedes in öffentlichen Räumen sichtbare Kreuz dankbar sind", heißt es in der Erklärung weiter. Denn das Kreuz stehe für die in Gott gründende Würde des Menschen, die eines der wesentlichen Würdefundamente sei und die die Demokratie nicht aus sich selbst hervorzubringen vermöge. Das öffentlich sichtbare Kreuz habe auch dem säkularen Menschen "Wichtiges" zu sagen, argumentieren die Theologen. "Wer auf das Kreuz blickt, sieht sich dabei gleichermaßen konfrontiert mit einem wesentlichen Werteanker unserer humanistischen Toleranzkultur wie mit Jesus Christus als dem Sohn Gottes." Selbst wenn das manche Menschen als anstößig empfänden, so dürften Christen dennoch niemals Kreuze entfernen oder abhängen.

Im christlich geprägten Bayern bestehe seit langen Zeiten der Brauch, nicht nur auf öffentlichen Plätzen und Berggipfeln, sondern ganz selbstverständlich auch in staatlich-öffentlichen Amtsräumen Kreuze anzubringen, so die Theologen. Auf diese Weise bringe der bayerische Staat seit jeher sein Selbstverständnis zum Ausdruck, dass er zutiefst in der christlichen Tradition verwurzelt sei und sich diesem Erbe verpflichtet wisse. "Demnach sehen wir in dem zum 1. Juni 2018 in Kraft tretenden Kreuz-Erlass keine Neuerung mit irgendeinem gesellschaftsspaltendem Potential, sondern nur eine Ergänzung, wodurch die höchst sinnvolle und bereits hinlänglich vertraute Präsenz der Kreuze in den Amtsräumen nun flächendeckend sein wird." Abschließend rufen die Theologen auch Vertreter anderer akademischer Fächer zur Unterzeichnung auf. (tmg)