Kaplan Christian Olding über das Sonntagsevangelium

Ein Gott ohne Sensationen

Veröffentlicht am 07.07.2018 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
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Bonn ‐ Als Jesus am Sabbat in der Synagoge lehrte, lehnten die Menschen ihn ab. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass der Herr jemanden aus ärmlichen Verhältnissen schickte. Damit tut man Gott aber Unrecht, meint Kaplan Christian Olding.

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Impuls von Kaplan Christian Olding

Heute Morgen an der Tankstelle offenbart mir der Kassierer bei der Aushändigung des Kassenbons: "Ach übrigens, ich bin das Licht der Welt!" Und gestern an der Fleischtheke hat mir die Fachverkäuferin keinen schönen Tag gewünscht, sondern sie fragte: "Glauben Sie, dass ich die Gute Hirtin bin?" Fehlt nur noch, dass der Pfarrer aus seinem Urlaub zurückkommt und behauptet: "Ich bin die Auferstehung und das Leben."

So etwas löst Irritationen und Unbehagen aus und mit Sicherheit nicht die Überzeugung, dass der Pastor doch eigentlich schon immer zu etwas Höherem bestimmt war. Spaß beiseite, denn der Evangelist Markus meint das ernst: Unser Jesus soll der Sohn Gottes sein? Dieser ehemalige Bauarbeiter? Im Leben nicht…!  So denken sie. So kann Gottes Heil nicht auf die Welt herabkommen! So nicht, und auch nicht an der Kasse im Supermarkt und auch nicht an der Tankstelle.

Warum unterschlägt man nicht einfach diese Pleite? Schließlich stärkt das nicht unbedingt Jesu Image. Ich glaube, es mag als ein Trost gedacht sein für seine Jünger damals und für alle die heute versuchen, den Glauben zu verbreiten: Ihr müsst von vorneherein mit Enttäuschungen und Fehlschlägen rechnen. Gegen Betonköpfe kommt man eben nicht an. Das Schicksal vieler Propheten und Heiliger unterstreicht das Faktum: Wer die Leute empfindlich stört, der muss mit heftigen Reaktionen rechnen. Wo Christen Ernst machen, ihrem Auftrag gerecht werden, kann es leicht zu Skandalen kommen. Sie legen sich quer zu dem, was man glaubt, was die Leute für richtig halten.

Die Menschen in Nazareth haben Gottes Sohn deshalb nicht akzeptiert, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Es war für ihr Vorstellungsvermögen ausgeschlossen, dass Gott seinen Sohn aus solchen stink normalen oder gar ärmlichen Verhältnissen auf den Weg schickte. Das heutige Evangelium mahnt also zur Vorsicht: Nazareth mit seiner Blindheit kann überall sein! Denkt also bloß nicht, dass ihr schon auf der sicheren Seite seid, bloß weil ihr Jesus aus Kirche und Bibel kennt! Uns wird immer wieder auf unserem Lebensweg eine Entscheidung abgenötigt: Vertraue ich diesem Gott, auch wenn ich ihn nicht begreifen kann? Bin ich offen auch für ungewöhnliche Wege Gottes oder lasse ich das nicht an mich heran? Nehme auch ich wie die Leute in Nazareth an ihm Anstoß? Denke ich kleinkariert von Gott, statt für seine Überraschungen offen zu sein? Gott braucht nicht das Sensationelle, das Außergewöhnliche. Er kann im Alltäglichen, im Kleinen, im Unauffälligen kommen. Jemand hat mal gesagt, die Menschen könnten Gott heute nicht mehr so gut erkennen, weil sie sich nicht mehr so tief bücken wollten.

Von Christian Olding

Aus dem Evangelium nach Markus (Mk 6,1b-6)

Jesus kam in seine Heimatstadt; seine Jünger begleiteten ihn. Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, staunten und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Wunder, die durch ihn geschehen!

Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab.

Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends hat ein Prophet so wenig Ansehen wie in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie.

Und er konnte dort kein Wunder tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte.

Der Autor

Christian Olding ist Kaplan in der Pfarrei St. Maria Magdalena in Geldern.

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