Andreas Püttmann über die überstandene Regierungskrise zur Grenzfrage

Politologe kritisiert CSU und Kirche für Umgang mit AfD

Veröffentlicht am 08.07.2018 um 10:30 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Frankfurt ‐ Für den katholischen Publizisten Andreas Püttmann war der Ton der CSU in der überstandenen Regierungskrise "Scharfmacherei im AfD-Sound". Auch zwei Bischöfe kritisiert er für ihren Umgang mit der Partei.

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Der katholische Politikwissenschaftler und Publizist Andreas Püttmann kritisiert die CSU und einige Kirchenvertreter für ihren Umgang mit der AfD und deren Themen. "Hinter der Regierungskrise um die Grenzfrage steht ein verändertes Gesamtbild der CSU: Von Scharfmacherei im AfD-Sound über die Orban- und Putin-Umarmungen bis hin zu Kreuzmissbrauch, Kirchenschelte und der Denunziation von Moral", sagte Püttmann im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Lob und Kritik an Bischöfen

Auch dass Alexander Dobrindt eine "Konservative Revolution" ausgerufen hatte, mache ihn "fassungslos", so der Politologe: "Der Begriff bezeichnet ja Kräfte, die dem NS-Regime den Weg bereitet haben." Ähnlich kritisch bewertete er Begriffe wie "Asyltourismus", die unter anderem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) immer wieder benutze.

Mit Blick auf die Kirchen lobte Püttmann etliche Bischöfe, die sich deutlich gegen Populismus positionierten - etwa "die Kardinäle Marx und Woelki oder der Bamberger Erzbischof Schick. Der erhielt Morddrohungen. Auch Protestanten wie der Berliner Bischof Dröge und der rheinische Präses Rekowski stellen sich der Herausforderung."

Andreas Püttmann im Porträt
Bild: ©KNA

Andreas Püttmann lebt als Journalist und Publizist in Bonn.

Andere Bischöfe kritisierte Püttmann - etwa den Passauer Bischof Stefan Oster und den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer: Oster habe einmal gesagt, "das Verhältnis von Kirche und AfD werde sich 'in jedem Fall entkrampfen' , als ginge es bloß um atmosphärische Störungen".

Und Voderholzer habe gepredigt, denen, "die sich verirrt haben in krude Auffassungen", dürfe man nicht "durch die Verurteilung ganzer Parteien noch einen Fußtritt geben". So setze er AfD-Kritiker ins Unrecht, kritisierte Püttmann - "und auch seinen Amtsbruder, den Münchner Kardinal Marx, der christliche, rote Linien gezogen hat: Fremdenfeindlichkeit, Verunglimpfung anderer Religionsgemeinschaften, Überhöhung der eigenen Nation, Rassismus, Antisemitismus".

Weniger als vier Prozent der Kirchennahen für AfD

Vielen konservativen Christen hält Püttmann vor, zu sehr auf Themen wie Lebensschutz und Genderfragen fokussiert zu sein: "Die AfD wirft ihnen ein paar Köder hin, und sie schnappen zu. Für mich war aber von Anfang an befremdlich, wie die AfD auftritt: der hochfahrende Ton, das unterkomplex Besserwisserische, Hämische, Giftige." Insgesamt aber sei der Anteil gläubiger Christen in der Wählerschaft weiter sehr gering: "Bei einer Allensbach-Umfrage vom März stimmten kaum vier Prozent der Kirchennahen für die AfD."

Am Samstag hatte bereits der Freiburger Erzbischof Stephan Burger Christen gemahnt, Christen brauchten weiten Horizont gegen Populismus. Sie dürften nicht nur die persönlichen Interessen und das eigene Umfeld im Blick zu haben. "Gerade in einer Zeit, in der populistische Macher unheilige Einseitigkeiten verkünden, sind wir als Christen zu einem weiten, ja einem weltweiten Horizont eingeladen", sagte er bei einem Gottesdienst in Offenburg zum Diözesantag der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB).(gho/KNA)

"Die übelsten Bischofsbeschimpfungen seit 1945"

In dem Buch "Wie katholisch ist Deutschland ... und was hat es davon?" beschreibt der Publizist Andreas Püttmann Verbindungen zwischen Kirche und Populismus. Im Interview fordert er, entschiedener dagegen vorzugehen.