Maximal 2,5 Prozent der Mitarbeiter dürfen befristet sein

Kirche in NRW schränkt sachgrundlose Befristungen ein

Veröffentlicht am 08.08.2018 um 14:06 Uhr – Lesedauer: 
EXKLUSIV

Bonn ‐ Schon lange sind sachgrundlose Befristungen kirchlichen Mitarbeitern ein Dorn im Auge: Sie fordern die Prinzipien der katholischen Soziallehre auch für ihre Arbeitsverträge ein. Nun gibt es in den NRW-Bistümern eine neue Regelung. Der Gesetzestext liegt katholisch.de exklusiv vor.

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Die Möglichkeit sachgrundloser Befristung von Arbeitsverträgen wird in den nordrhein-westfälischen Bistümern deutlich eingeschränkt. Wie katholisch.de aus Kreisen der regionalen Kommission zur Ordnung des diözesanen Arbeitsvertragsrechts (Regional-KODA NW) erfahren hat, hat der Vermittlungsausschuss in seiner Sitzung vom 18. Juli beschlossen, dass künftig nur noch maximal 2,5 Prozent der Arbeitsverträge in kirchlichen Einrichtungen mit mindestens 76 Mitarbeitern sachgrundlos befristet werden.

Die zulässige Höchstdauer der Befristung wird von 24 auf 18 Monate reduziert. Die Regelung gilt ab dem 1. Januar 2019 so lange, bis neue bundesgesetzliche Regelungen zur sachgrundlosen Befristung in Kraft treten. Die vom Vermittlungsausschuss festgelegten Bedingungen entsprechen damit der Vereinbarung des Koalitionsvertrags, auf die sich CDU, CSU und SPD im März 2018 geeinigt hatten.

Gremium konnte sich selbst nicht einigen

Die Regional-KODA war seit 2017 auf Antrag der Mitarbeiterseite mit dem Anliegen befasst, sachgrundlose Befristungen komplett auszuschließen. Zuletzt scheiterte dieses Anliegen im Frühjahr, wo zwar eine Mehrheit des paritätisch aus Dienstgeber- und Dienstnehmervertretern zusammengesetzten Gremiums dafür stimmte, die erforderliche Mehrheit von 75 Prozent der Stimmen aber verfehlt wurde.

Einen Kompromissvorschlag des von der Arbeitnehmerseite angerufenen Vermittlungsausschusses lehnte das Gremium Anfang Juli wieder ab. Der nun im Rahmen einer "ersetzenden Entscheidung" ergangene Beschluss des Vermittlungsausschusses gilt nun ohne weiteren Beschluss der Regional-KODA und wird den Bischöfen mitgeilt. Mit der Veröffentlichung in den kirchlichen Amtsblättern erlangt er Rechtskraft; damit sei spätestens im September zu rechnen.

Bild: ©picture alliance/dpa/Friso Gentsch

Das Bischöfliche Generalvikariat des NRW-Bistums Münster.

Die Abschaffung von sachgrundlosen Befristungen in der Kirche ist seit einigen Jahren eine Forderung von Mitarbeitervertretern. Im Januar 2016 hatte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (BAG MAV) in einer "Frankfurter Erklärung" kritisiert, dass sachgrundlose Befristungen weder mit der Soziallehre der Kirche noch mit dem Kirchenrecht in Einklang zu bringen seien.

Ursprünglich hatte die "Kommission zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechts im kirchlichen Bereich" auf Bundesebene (Zentral-KODA) im November 2017 über einen Antrag der Mitarbeiterseite beraten wollen, sachgrundlose Befristungen insgesamt im Bereich des kirchlichen Arbeitsrechts auszuschließen. Die Beratung hat sich nach Auskunft des Sprechers der Mitarbeiterseite, Thomas Schwendele, allerdings verzögert und wird voraussichtlich erst im November 2018 stattfinden.

Regelungen bestehen in Limburg, Freiburg und Eichstätt

In einzelnen Bistümern ist die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung bereits eingeschränkt worden. 2015 hat die Bistums-KODA in Limburg beschlossen, dass Arbeitsverträge in der Regel unbefristet abzuschließen sind. Sachgrundlose Befristungen sind dort nur nach einer "Abwägung mit den Prinzipien der katholischen Soziallehre" zulässig. Über die Einhaltung dieser Regelung wachen die Mitarbeitervertretungen.

Seit 2017 schränkt die Arbeitsvertragsordnung für den kirchlichen Dienst in der Erzdiözese Freiburg (AVO) die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung ein. Mit wenigen Ausnahmen ist dort für eine solche Befristung ein einstimmiges Votum einer Schiedskommission nötig.

Am Dienstag teilte das Bistum Eichstätt mit, dass künftig keine sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge mehr abgeschlossen würden. Durch diesen Beschluss der Ordinariatskonferenz sollen neuen Mitarbeitern längerfristige Perspektiven für ihren Arbeitsplatz gegeben werden. Außerdem verspreche man sich damit, attraktiver für Bewerber zu werden und die Personalbindung zu intensivieren.

Von Felix Neumann

Im Wortlaut: Die neue Regelung in NRW

Beschluss des Vermittlungsausschusses vom 18. Juli 2018 zur Änderungen der KAVO

Die KAVO ["Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung", Red.] erhält im § 3 einen neuen Absatz 4 mit folgendem Wortlaut:

1Arbeitsverträge sind in der Regel unbefristet abzuschließen. 2Befristete Arbeitsverträge sind nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) sowie anderer gesetzlicher Vorschriften über die Befristung von Arbeitsverträgen zulässig. 3In Einrichtungen im Sinne der Mitarbeitervertretungsordnung mit mehr als 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (MAVO § 3) dürfen maximal 2,5 Prozent der Arbeitsverträge sachgrundlos befristet werden. 4Die Quote ist jeweils auf den Zeitpunkt des aktuellen Vertragsschlusses zu beziehen. 5Bei Überschreiten dieser Quote gilt jeder weitere sachgrundlos befristete Arbeitsvertrag als unbefristet zustande gekommen. 6Die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist für die Dauer von 18 Monaten zulässig. 7Bis zu dieser Gesamtdauer ist eine einmalige Verlängerung möglich. 8Die zum 31. Dezember 2018 bestehenden sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge bleiben von dieser Regelung unberührt. 9Sie werden bei der Berechnung der Quote berücksichtigt. 10Die Regelungen dieses Absatzes treten mit Wirkung zum 1. Januar 2019 in Kraft. 

11Mit In-Kraft-Treten einer bundesgesetzlichen Neuregelung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen treten die vorstehenden Regelungen dieses Absatzes außer Kraft.“

Die Änderung tritt am 1. Januar 2019 in Kraft.