Pia Dyckmans über den Besuch des Politikers in Maria Vesperbild

Söders Auftritt war reiner Wahlkampf

Veröffentlicht am 10.08.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Pia Dyckmans über den Besuch des Politikers in Maria Vesperbild

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Ja, ich gestehe. Ich freue mich, wenn bekannte Personen sich in der Öffentlichkeit zu ihrem Glauben bekennen. Gute Botschafter für die Sache abseits des Kirchenweges sind gerade in Anbetracht der Kirchenaustrittszahlen gut und notwendig. Auch am Mittwoch hat sich eine deutschlandweit bekannte Persönlichkeit zu seinem Glauben bekannt – der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Er hat Maria Vesperbild besucht. Der Inbegriff bayerischen Katholizismus.

Bei den Bildern war ich irgendwie gar nicht mehr so begeistert. Als Wahlmünchnerin habe ich eher ein beklemmendes Gefühl bekommen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich finde es toll, wenn Politiker sich als Christ "outen" und dafür einstehen. Ich würde seinen Termin in Maria Vesperbild auch nicht gleich als blasphemisch charakterisieren und ihm das Christ-sein absprechen, wie andere vorab den Besuch kritisiert haben. Das steht uns nicht zu. Aber wenn ein Politiker kurz vor den Wahlen mit einer großen Entourage inklusive Presse im katholischen Bayern so einen bedeutenden Wallfahrtsort besucht, dann bekommen die Bilder ein Geschmäckle. Wenn sich sein Bekenntnis zum Christentum nicht in seiner Politik wiederspiegelt, wirkt es nicht authentisch. Denn eine Politik, die sich nicht an den Werten des Evangeliums orientiert, sondern an den Interessen Bayerns, kann nicht von sich behaupten, sie vertrete das Christentum besser als die Kirche selbst. Oder klingen Abschiebungen in Krisengebiete und Diskriminierung von psychisch Kranken christlich?

Wenn ich dann lese, nach dem Vater Unser wurde auch die Bayernhymne gesungen, dann ist die Ambivalenz dieses Termins für mich komplett. Ja, wir dürfen stolz auf Bayern sein, es ist toll, hier zu leben und nicht umsonst ziehen so viele in den Süden. Wahrscheinlich versteht eine Zugereiste diesen enormen Landesstolz nicht, aber wenn dieser mit Religion vermischt wird, wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol für ein (Bundes-)Land gesehen wird, höhlt es den Glauben aus. Und auf einmal wirkt das Bekenntnis eines Politikers irgendwie nicht mehr wie ein authentisches Bekenntnis. Ich gestehe, lange war ich hin und her gerissen, was ich von Söders Auftritt halten soll. Was ist am Mittwoch in Maria Vesperbild passiert? Aus meiner Sicht: reiner Wahlkampf.

Von Pia Dyckmans

Der Autor

Pia Dyckmans ist Presse- und Öffentlichkeitsreferentin der Jesuiten in Deutschland und Schweden.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.