Rom führt die Theologie in die wissenschaftliche Irrelevanz
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Der Jesuit Ansgar Wucherpfennig ist Professor für Neutestamentliche Exegese und seit 2014 Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Mit letzterem Posten soll es jetzt vorbei sein, findet die Bildungskongregation im Vatikan, und verweigert ihm das "Nihil Obstat", die Unbedenklichkeitserklärung, für eine weitere Amtszeit.
Offensichtlich hat sich jemand in Rom über Wucherpfennig beschwert. Der nämlich hatte tatsächlich anhand historisch-kritischer Schriftauslegung positive Aussagen zur Homosexualität getroffen, gar zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Wucherpfennig ist übrigens Homosexuellen-Seelsorger in Frankfurt.
Was er gesagt hat ist weder unerhört noch ein Skandal. Auch das Zentralkomitee deutscher Katholiken (ZdK), dem ich angehöre, setzt sich für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften und für deren Segnung ein. Auch dass der Pater sich für den Diakonat der Frau ausgesprochen hat – das haben nicht nur das ZdK, sondern auch Bischöfe schon getan – wird moniert. Wucherpfennig hat, Gott sei gelobt dafür, rundheraus abgelehnt, seine Aussagen zu widerrufen.
Diese Entscheidung aus Rom scheint wie ein weiterer Beleg für die völlig lebensfremden Vorstellungen der Amtskirche von Sexualität und eine Lehre, die quasi keinen Widerhall findet im Volk Gottes. Homosexualität kann biblisch und anthropologisch weder moralisch noch rechtlich verworfen werden. Nicht homosexuelle Beziehungen sind die Sünde, sondern ihre Herabwürdigung.
Dass aber aus dem Vatikan untadelige Wissenschaftler, die das Neue Testament historisch-kritisch untersuchen, zur Ordnung gerufen werden, wenn die Ergebnisse ihrer Forschung nicht den Vorstellungen konservativer bis reaktionärer Kräfte entsprechen, bedeutet das Ende der Freiheit und mittelfristig macht es die Theologie als wissenschaftliche Disziplin irrelevant. Viele Theologinnen und Theologen fassen es gar als Drohgebärde auf: "Denkt bloß nicht, dass ihr querdenken dürftet, wir sitzen am längeren Hebel!"
Ich wünsche der Bistums- und Ordensleitung, dass sie für uns und die ganze Kirche standhaft bleiben. Denn sonst können wir unsere theologischen Fakultäten schließen und den Laden dicht machen.