Standpunkt

Liebe Bischöfe, man versteht euch leider nicht!

Veröffentlicht am 18.10.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die deutsche Sprachgruppe der Jugendsynode hat Anfang der Woche ihren zweiten Bericht vorgestellt. Der Schreibstil war ganz und gar nicht jugendgerecht und höchstens für studierte Philosophen verständlich, findet Agathe Lukassek.

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Hand aufs Herz: Wüssten Sie, was Hermeneuten und Mäjeuten sind? Und würden Sie diese Fremdwörter in einem Dokument einer Bischofssynode zum Thema "Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung" erwarten? Ich hätte bis Dienstag beide Fragen mit einem klaren Nein beantwortet. Dank der deutschsprachigen Kleingruppe bei der Synode weiß ich nun mehr: Die einen sind Deuter, die zweiten Geburtshelfer, die die sogenannte Maieutik ("Hebammenkunst") betreiben, die auf den antiken Philosophen Sokrates zurückgeht.

"Wir wollen im Hören auf Gottes Geist, auf die jungen Menschen und im Hören auf unseren eigenen Herzschlag Hermeneuten (= Deuter) und Mäjeuten (= Geburtshelfer) des göttlichen Lebens für sie und mit ihnen sein", heißt es im vierten von neun Punkten des Berichts der deutschen Sprachgruppe. Ich verstehe: Die Bischöfe wollen auf Jugendliche hören und von ihnen lernen. Aber eines verstehe ich nicht: Warum finden sich solche verschwurbelten Sätze in Dokumenten, die laut verlesen werden, die also vom Publikum beim ersten Hören auf Anhieb verstanden werden sollten?

Bei Hermeneuten und Mäjeuten hört der Bericht leider nicht auf. Die sogenannte Relatio ist fast drei Seiten lang und sagt doch nicht viel: Warnung vor Machtmissbrauch bei der Begleitung junger Menschen, Bejahung der pluralen Welt, Vertiefung des Blicks auf die Anliegen Jugendlicher, das Gespür für die Einzigartigkeit jedes Einzelnen sowie die Vermittlung der Erfahrung, dass jeder "unbedingt und zuerst geliebt" werde von Jesus Christus. Da ist nichts dabei, was man nicht schon einmal von der Kirche gehört hätte. Und leider auch nicht viel, das junge Menschen nachvollziehen könnten – vor allem sprachlich.

Nun will ich nicht alles schlecht reden: Es ist nur einer von drei Berichten, die jede Sprachgruppe zu verfassen hat. Und dreieinhalb Wochen Synode zu einem Thema – das kann sich ziehen. Seit einigen Tagen berichten Synodenteilnehmer von Langeweile und Ideenlosigkeit – und auch die Texte der anderen 13 Sprachgruppen waren teilweise sehr trocken. "Mal ist man voller Mut und Aufbruchsstimmung, mal scheint man zu resignieren und glaubt nicht, dass überhaupt noch was aus einem wird" – mit der Situation von Jugendlichen auf der Suche nach ihrem Weg beschreibt der Jesuit Clemens Blattert auch den kreativen Prozess, in dem sich die Synode befindet.

Und es gibt weitere Hoffnung: Teil drei des Arbeitspapiers der Jugendsynode, zu dem bis heute Statements eingebracht werden und das dann bis Samstag in Kleingruppen diskutiert wird, ist mit "Wählen" überschrieben. Bleibt zu hoffen, dass die Sprachgruppe dabei nicht nur konkrete Handlungsempfehlungen an den Papst ausspricht, sondern auch eine Sprache wählt, die die Menschen verstehen. Und ich meine nicht nur die Jugendlichen außerhalb der Synodenaula, sondern alle Frauen und Männer – Menschen, die zum größten Teil nicht Philosophie studiert haben.

Von Agathe Lukassek

Die Autorin

Agathe Lukassek ist Redakteurin bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.