Pater Philipp König über das Sonntagsevangelium

Wem kann ich Glauben schenken?

Veröffentlicht am 03.11.2018 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
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Bonn ‐ Stimmt es, dass immer weniger Menschen glauben? Vielleicht glauben wir ja gar nicht zu wenig, sondern sind zu leichtgläubig, meint Pater Philipp König. Aber wer ist wirklich glaubwürdig? Die Antwort darauf können wir im heutigen Evangelium finden.

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Impuls von Pater Philipp König

Oft höre ich Leute darüber klagen, dass der Glaube immer mehr schwindet. "Die Menschen glauben nicht mehr", so heißt es dann. Aber stimmt das wirklich? Natürlich werden bei uns die Kirchen immer leerer. Doch ich finde: Auch heute wird geglaubt, was das Zeug hält! Menschen können an vieles glauben. Die Frage ist nur, woran sie glauben.

Vielfach ist es nicht (mehr) Gott, auf den sich der Glaube bezieht, sondern anderes tritt an seine Stelle: das eigene Bauchgefühl, gesunde Ernährung, alternative Medizin, der freie Markt, der Fortschritt der Wissenschaft, politische Versprechungen, das Universum, die Macht der Medien, und und und…

Jeder Mensch glaubt an irgendetwas. Glaube kann Mut machen, begeistern und ungeahnte Kräfte freisetzen. Schmerzhaft wird es jedoch, wenn guter Glaube enttäuscht wird: wenn Politiker nach erfolgter Wahl plötzlich nichts mehr von ihren früheren Zusagen wissen wollen, wenn ich von einer schweren Erkrankung heimgesucht werde, obwohl ich mich ein Leben lang gesund und bewusst ernährt habe. Wenn mich eine Person zutiefst hintergeht, von der ich bisher fest geglaubt habe, auf sie sei wirklich Verlass...

Vielleicht glauben wir ja gar nicht zu wenig, sondern werden stattdessen immer leichtgläubiger? Wenn sich etwas als leer erweist, worauf ich zu schnell meine Hoffnung gesetzt habe, dann sind Enttäuschungen, Trauer und Wut vorprogrammiert. Es ist wichtig, vorher gut zu prüfen, wem oder was ich Glauben schenke.

Wer ist wirklich glaubwürdig? In den Lesungen dieses Sonntags finden wir die Antwort: "Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr." So beginnt das wichtigste Gebet des Judentums, das "Schmah Israel", welches Jesus im Evangelium zitiert. Kurz und bündig ist hier die Essenz des Glaubens zusammengefasst: Gott allein ist Gott. Schenk nicht zu vielen Dingen und Leuten Glauben. Sondern glaub vor allem ihm! Er wird dein Vertrauen nicht enttäuschen!

Fromme Juden, die das Schmah Israel täglich beten, tun dies, indem sie ihre Augen mit der rechten Hand verdecken. Sie wollen hochkonzentriert sein, von nichts abgelenkt werden, wenn sie zu Gott beten. Vielleicht ist es von Zeit zu Zeit hilfreich, mit verdeckten Augen zu beten, einmal alles andere auszublenden, woran ich noch so glauben könnte. Dann kann ich bewusst alles in mir nur auf ihn, den einzigen Herrn, ausrichten: mein ganzes Herz, meine ganze Seele, alle meine Gedanken, alle meine Kraft.

Von P. Philipp König OP

Aus dem Evangelium nach Markus (Mk 12, 28b-34)

In jener Zeit ging ein Schriftgelehrter zu Jesus hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen?

Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.

Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.

Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr, und es gibt keinen anderen außer ihm, und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer.

Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.

Der Autor

Pater Philipp König ist Dominikaner und arbeitet als Kaplan und Jugendseelsorger in Leipzig.

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Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bieten wir jeden Sonntag den jeweiligen Evangelientext und einen kurzen Impuls an. Die Impulse stammen von Ordensleuten und Priestern.