Papst bremst Maßnahmenkatalog der US-Bischöfe zu Missbrauch
Mit einer überraschenden Intervention des Vatikan hat die Herbsttagung der US-Bischöfe begonnen. Auf Bitten von Papst Franziskus verschieben die Bischöfe die Verabschiedung von Maßnahmen zum Umgang mit dem Missbrauchskandal. Der Vorsitzende der US-Bischofsonferenz, Kardinal Daniel DiNardo, erklärte am Montag zur Überraschung der versammelten Amtskollegen, der Vatikan habe darum gebeten, das für Februar geplante Welttreffen der Bischöfe im Vatikan abzuwarten. "Auf Veranlassung des Heiligen Stuhls werden wir nicht über die beiden Aktionspläne abstimmen", so DiNardo.
Verhaltenskodex für Bischöfe?
Ursprünglich wollten die US-Bischöfe eine Laienkommission schaffen, die die Aufklärungsarbeit der Bischöfe mit Missbrauchsfällen untersuchen sollte. Grundsätzlich bestehe Einigung darüber, dass die Bischofskonferenz eine externe Organisation beauftragen werde, um Missbrauchsanzeigen gegebenenfalls direkt an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten, sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, James Rogers, vor der Tagung.
Zudem wollten die Bischöfe der 196 US-Diözesen in Baltimore demnach auch über einen neuen Verhaltenskodex für sich selbst beraten. Dieser Punkt der Tagesordnung hatte zu Kontroversen geführt, da einige Bischöfe dies mit dem Verweis darauf ablehnten, das Evangelium sei ihnen höchster Maßstab für ihr Verhalten. Im Mittelpunkt der Debatte steht derzeit vor allem der Vorsitzende DiNardo selbst. Dem 69-jährigen Erzbischof von Galveston-Houston wird vorgeworfen, einen Priester nicht rechtzeitig aus seinem Amt entfernt zu haben.
Linktipp: US-Bischöfe regeln Umgang mit Tätern in eigenen Reihen
Auch Bischöfe gehören zu den Tätern: Dem stellt sich nun die US-amerikanische Bischofskonferenz. Künftig soll es klare Regeln geben für den Umgang mit verdächtigen und überführten Oberhirten.Möglicherweise hängt die Intervention des Papstes mit dem jüngsten Vatikan-Besuch des Nuntius in den USA, Erzbischof Christophe Pierre, zusammen. Laut Mitteilung des vatikanischen Presseamtes empfing Papst Franziskus seinen Botschafter am Samstagvormittag in Audienz. Der Anlass wurde wie üblich nicht genannt; allerdings ließ allein die Erwähnung rätseln, warum der Papst seinen diplomatischen Vertreter in den USA so dringend persönlich zu sprechen wünschte.
Der Bischofskonferenzvorsitzende Kardinal Di Nardo sagte nun laut der Zeitschrift "Crux", er sei am späten Sonntagnachmittag (Ortszeit) über die Bitte aus Rom informiert worden. Die Idee drängt sich auf, dass Franziskus nach den ersten Nachrichten, was bei der Versammlung der Bischöfe auf der Agenda stand, einige Dinge persönlich ordnen wollte.
Opfervertreter kritisieren Intervention des Vatikan
Anne Barrett Doyle von der Organisation "BishopAccountability.org", die Missbrauchsopfer vertritt, erklärte, die Intervention des Vatikan sei "wirklich unglaublich". Sie wertete den Eingriff als "Versuch, selbst bescheidenen Fortschritt der US-Bischöfe zu unterdrücken".
Bei dem bis Mittwoch (Ortszeit) dauernden Herbsttreffen wollten die Bischöfe auch einen Hirtenbrief gegen Rassismus verabschieden, in dem sie sich unter anderem mit den gewaltsamen Demonstrationen von Charlottesville 2017 auseinandersetzen. Dieses Thema stand ursprünglich im Mittelpunkt der diesjährigen Tagung. (KNA)