Trotz Mitgliederschwund: Einnahmen durch Kirchensteuer sprudeln
Trotz rückläufiger Mitgliederzahlen erzielen die Kirchen laut einer Studie Rekordsteuereinnahmen. Im aktuellen Jahr kämen katholische Bistümer und evangelische Landeskirchen auf 12,6 Milliarden Euro an Kirchensteuereinnahmen, heißt es in der am Freitag in Köln veröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Das seien 500 Millionen Euro mehr als 2017 und so viel wie nie zuvor. Zugleich verlören die Kirchen pro Jahr rund 500.000 Mitglieder.
Den Trend erklären die Autoren mit der "der guten wirtschaftlichen Situation". Der Mitgliedsbeitrag in den Kirchen beträgt in Baden-Württemberg und Bayern acht und im Rest des Landes neun Prozent der Einkommenssteuer. Die Kirchen nehmen mehr ein, wenn die Einkommen ihrer Mitglieder und damit ihre Steuerabgabe steigt - zumal bei höherem Einkommen prozentual mehr Steuern fällig werden. Die Kirchen nehmen auch mehr ein, wenn die Zahl der Beschäftigten unter Katholiken und Protestanten und die Lohnsumme steigen.
300.000 Mitglieder weniger pro Jahr seit 1990
Seit der Wiedervereinigung haben laut IW im Schnitt mehr als 300.000 Menschen pro Jahr den Kirchen den Rücken gekehrt. Von 2004 bis 2017 sei die Zahl der Mitglieder bei gleicher Bevölkerungszahl von 51,6 auf 44,9 Millionen gesunken. Die Einnahmen der Kirchen seien aber – abgesehen von einem kurzzeitigen Rückgang wegen der Finanzkrise – seit 2010 Jahr für Jahr gestiegen. Das Plus sei deutlich höher ausgefallen als die Inflationsrate, "so dass die Kirchen auch reale Zuwächse verbuchen".
Nach IW-Einschätzung hält der Trend bis 2023 an, selbst wenn die Kirchen weiter jedes Jahr bis zu 500.000 Mitglieder verlieren. Die katholische Kirche werde in fünf Jahren wohl ihre Kirchensteuereinnahmen auf 8,2 Milliarden Euro steigern, doppelt so viel wie 2004. Die evangelische Kirche komme auf 7 Milliarden Euro, 90 Prozent mehr als 2004.
Staat bekommt drei Prozent von den Kircheneinnahmen
Die Autoren weisen darauf hin, dass der Staat für die Erhebung der Kirchensteuer im Schnitt drei Prozent der Kircheneinnahmen erhält, aktuell knapp 400 Millionen Euro. Kassenmäßig seien in Deutschland Staat und Kirchen zwar streng getrennt. Da die Kirchensteuer aber wie eine Spende an eine gemeinnützige Organisation von der Einkommenssteuer abgezogen werden könne, reduzierten sich dadurch die Steuereinnahmen des Staates. Dieser habe 2018 einschließlich dem Minus beim Solidaritätszuschlag 4,1 Milliarden Euro weniger eingenommen.
Viele Bistümer und Landeskirchen weisen seit Jahren auf den Konjunktur-Effekt hin. Zugleich betonen sie, dass die demografische Entwicklung im kommenden Jahrzehnt die Lage drastisch ändern werde, besonders wenn die heute 50- bis 60-jährigen "Babyboomer" in Ruhestand gingen. (KNA)