Ein satirischer Wochenrückblick von Björn Odendahl

Frohes Winterfest – wünscht katholisch.de

Veröffentlicht am 22.12.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Sichelmond am Himmel und Dönergeruch auf dem Weihnachtsmarkt: Ein Abend im Dezember wird für Wutbürger Björn Odendahl zum Spießrutenlauf. Nun hat er genug von dieser Islamisierung - und betet zu Alice Weidel.

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Ein Abend im Dezember: Es duftet nach gebrannten Mandeln. Die Straßenmusiker spielen "Stille Nacht". Der Himmel ist sternenklar und ich bin erhitzt vom Glühwein. Mich überkommt ein heimeliges, zutiefst christliches Gefühl. Ja, das ist mein Deutschland. Doch dann schlägt meine Stimmung auf einmal um. Zwischen den Sternen erblicke ich den hellstrahlenden Sichelmond und denke wütend: "Nein, nicht auch noch da oben! Wann hat das mit dieser schleichenden Islamisierung bei uns bloß angefangen?"

Mir wird schwindelig. Ich rieche plötzlich noch etwas anderes. Das sind keine gebrannten Mandeln – nicht mal kandierte Äpfel. Selbst die wären mir lieber, obwohl ich sie hasse. Stattdessen dieser typische, leckere Geruch aus Mustafas Dönerbude. Friedlich stimmen kann er mich diesmal nicht, obwohl ich gerne bei Mustafa esse. Im Gegenteil. Was hat der Geruch hier zu suchen? Auf dem Weihnachtsmarkt? Und war der Laden nicht früher eine typisch deutsche Pizzeria? Ja, ich erinnere mich. "Mario's" hieß sie. Und auch wenn der falsche Apostroph mich wahnsinnig gemacht hat, war der Betreiber Ganesh wirklich ein netter Mann. Der hat nicht versucht, uns zu hinduisieren. Wäre er kein Hindu gewesen, er wäre ein Vorzeige-Christ!

Coca Cola und Dschihadisten

Ich gehe weiter, schnell hinein in den Supermarkt – und weg von Sichel und orientalischen Gerüchen. Endlich wieder vertrautes Terrain: Spekulatius, Dominosteine und Lebkuchen. Die Taubheit im Kopf lässt nach. Ich fühle mich besser. Wenn diese verteufelte Kommerzialisierung meines Weihnachtsfestes nur nicht wäre! Wieder Wut. Der ganze Süßkram steht hier ja schon seit mindestens drei Monaten herum und hat mir den ganzen Advent vermiest. Ganz zu schweigen von den vielen Weihnachtsmännern in den Regalen. Dass Coca Cola und Dschihadisten einmal gemeinsam gegen unser christliches Abendland kämpfen würden… Ich bin verzweifelt, greife mir aus Protest eine Pepsi und - aus Reflex - ein paar gefärbte Eier, weil Weihnachten und Ostern für uns Theologen nicht zu trennen sind. Ich blicke mich um, niemand sieht mich. Ich male einem Weihnachtsmann ein Kreuz auf die Mütze. Zack, christianisiert. Wird man als Deutscher ja noch machen dürfen.

Aber wohin soll ich jetzt noch gehen? Wo bin ich sicher? Wer integriert mich in dieses Land? Nicht einmal mehr auf die Integrationsbeauftrage Annette Widmann-Mauz ist Verlass. Schreibt Weihnachtsgrußkarten ohne Weihnachten und degradiert sie somit zu einfachen Grußkarten. Da soll sie mich besser gar nicht grüßen als so. Die CDU habe ich abgeschrieben. Ich blicke erneut zum Himmel. Eine Wolke hat sich vor den Sichelmond geschoben – AfD sei Dank! Und ich bete zu Alice Weidel: Bitte, rette mich! Und sie tut es. Sie wirft sich vor mich und vor Weihnachten, nennt es das "bedeutungsvollste christliche Fest" und alle jubeln, auch wenn es nicht stimmt. Denn die Wahrheit hat schließlich immer zwei Seiten. Eine reale und eine gefühlte.

Ich fliehe in die nächste offene Kirche. So sollte es sein: Kirchenasyl nur für Christen! Das Gotteshaus ist leer, wie 364 Tage im Jahr. Mein Herzschlag beruhigt sich. Ich setze mich in die Nähe des Kreuzes. Ob Söder es aufgehängt hat? Oder die AfD? Vermutlich. Doch der Anblick des Herrn besänftigt mich nur kurz. Denn mir graut schon jetzt vor der Christmette, wenn all die U-Boot-Katholiken wieder auftauchen. Nicht einmal mehr im Hause Gottes kann man in Ruhe Weihnachten feiern. Innerlich habe ich mit der Geburt des Herrn abgeschlossen. Da feiere ich ja fast noch lieber Zuckerfest - und nehme es so den Muslimen weg. Auge um Auge... Frohes Winterfest an alle da draußen - egal was Sie wählen oder glauben!

Von Björn Odendahl

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"War's das?!" fragt katholisch.de in seinem satirischen Wochenrückblick. Im Wechsel lassen verschiedene Autoren samstags die zu Ende gehende Woche Revue passieren. Mit einem Augenzwinkern blicken sie auf Kurioses und Bemerkenswertes in der katholischen Welt zurück.