Wie es Pastoralassistent Tobias Schmitt ins Fernsehen schaffte
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Eigentlich ist Tobias Schmitt Pastoralassistent in der Pfarreiengemeinschaft Peißenberg-Forst im Bistum Augsburg. Das Ziel seiner mehrjährigen Ausbildung: Er möchte Pastoralreferent werden. Doch wenn er nicht gerade Jugendgottesdienste vorbereitet, sich um die Ministrantengruppe kümmert oder Unterricht an der Mittelschule hält, kann es sein, dass er für irgendeine bekannte Fernsehserie vor der Kamera steht – oder in seiner Werkstatt vor dem Glasbrennofen. Schmitt hat nämlich zwei "Nebenberufe": Er ist Schauspieler und Künstler.
Zugegeben: Als Schauspieler wartet der 25-Jährige noch auf den großen Durchbruch. Bislang hat es nur für Statistenrollen oder kleine Sprechrollen sowie Auftritte in Werbespots gereicht. Dennoch dürften ihn viele Fernsehzuschauer schon einmal gesehen haben – wenn auch unbewusst: Schmitt spielte, genau wie Fußball-Nationaltorwart Manuel Neuer, im Spot des Shampoo-Herstellers "Head & Shoulders" mit, der seit diesem Sommer im TV läuft. "Sie wollen dein Foto. Sie wollen dein Trikot": Während die Stimme aus dem Off diese beiden Sätze spricht, ist Schmitt mit einer Handykamera zu sehen – in der nächsten Szene trägt er das Trikot des Torwarts mit der Rückennummer 1. "Leider bin ich bei dem Dreh nicht so nah an Neuer rangekommen. Aber ich habe ihn zumindest gesehen", erzählt Schmitt.
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Zur Schauspielerei kam er durch Zufall. An der Universität Regensburg, an der er sein Theologiestudium absolviert hat, sollte ein Film gedreht werden. Dafür wurden Komparsen gesucht. Zusammen mit einem Kommilitonen ging Schmitt zu dem Dreh. Anschließend meldete er sich bei zwei Agenturen an, die ihn immer wieder für kleinere Rollen buchten. So kam es unter anderem zu Auftritten in Kinofilmen wie "Dieses bescheuerte Herz" mit Elyas M'Barek oder in der Vorabendserie "Dahoam is Dahoam" im Bayerischen Fernsehen. Bei letzterer war er bereits mehrfach zu sehen.
Mit Kommilitonen Bairisch geübt
Doch diese Rollen stellten Schmitt, der ursprünglich aus Bernkastel-Kues an der Mosel kommt, vor einige Probleme: Er sollte seine Texte im bairischen Dialekt sprechen. "Dafür habe ich sogar mit einem Kommilitonen geübt. Trotzdem hat es sich nicht authentisch angehört", erinnert er sich. Doch der Regisseur hat es ihm durchgehen lassen, weil er nur einen Postboten spielte. Inzwischen darf Schmitt bei "Dahoam is Dahoam" wieder 'normal' reden: "Selbst in Bayern sind viele Paketboten keine Einheimischen." Im März wird er erneut in der BR-Serie zu sehen sein.
Negative Kommentare oder Stirnrunzeln habe es bisher nicht gegeben. Im Gegenteil: Immer wieder komme es vor, dass Ihn Pfarreimitglieder auf seine Schauspielerei ansprächen, nachdem sie ihn im TV gesehen hätten. "Die kommen dann meist ganz begeistert auf mich zu und sagen mir, dass Ihnen mein Auftritt gefallen hat", sagt Schmitt. Wenn er bei einem Dreh ist, kommt hin und wieder auch sein Beruf in der Kirche zur Sprache. Der Pastoralassistent erinnert sich an eine Begebenheit am Set der ARD-Serie "Um Himmels Willen", als er mit einigen Schauspielerinnen ins Gespräch kam: Sie hätten sich sehr dafür interessiert, was er mache, und erzählt, wie sehr sie das Religiöse fasziniere. "Die sind sich schon bewusst, dass sie in den Augen ihrer Fans den Klosteralltag widerspiegeln und so etwas wie Vorbilder für Ordensschwestern sind", sagt Schmitt. Deshalb versuchten sie auch, so authentisch wie möglich ihre Rollen zu spielen.
Die Schauspielerei ist zwar ein lustiges Hobby für Schmitt – aber nichts, woran sein Herz allzu sehr hängt. Etwas anderes ist es mit der Kunst, seiner großen Leidenschaft. In sie steckt Schmitt viel Zeit und kreative Energie. Eine 'künstlerische Erweckung' hatte er laut eigener Aussage nie: Das Interesse sei einfach von klein auf da gewesen. Da er von Kindheit an stark vom katholischen Glauben geprägt worden sei, habe er sich besonders mit sakraler Kunst auseinandergesetzt. Daraus habe sich schließlich sein eigener Stil entwickelt.
Ein Fan der Glasmalerei
Privat ist Schmitt schon mehrere Jahre künstlerisch tätig, seit 2015 arbeitet er "im größeren Stil", wie er es nennt. Dabei hat es ihm vor allem die Glasmalerei angetan: Auf ihr liegt der Hauptaugenmerk in seinem Schaffen. Dazu hat er sich eine Werkstatt eingerichtet – inklusive Glasbrennofen. "Glas ist ein sehr faszinierendes Material, mit dem man unheimlich viel tun kann", weiß Schmitt. Man könne zum Beispiel die Brennkurve verändern und verschiedene Materialien einbauen. Dazu lasse es sich strukturell verändern, biegen und farblich gestalten. "Deswegen habe ich mich für Glaskunst entschieden", betont Schmitt. Bislang hat er vor allem Glaskreuze und Stelen entworfen und hergestellt – und sogar Elemente für Grabsteine.
"Ein Grabstein ist das letzte Denkmal, das man einem Menschen setzt", sagt Schmitt. Eine individuelle Gestaltung ermögliche es, ein Denkmal zu schaffen, das nicht nur erinnere, sondern eine Beziehung zwischen dem Trauernden und dem Verstorbenen schaffe. Dies Könne auf zweierlei Weisen geschehen: "Entweder, indem ich die Beziehung zwischen dem Verstorbenen und mir verarbeite, oder indem ich mich an den Verstorbenen erinnere und das, was sein Leben ausgemacht hat, was ihn bewegt hat, in die Gestaltung einfließen lasse." So hat Schmitt etwa für seine 2015 verstorbenen Großeltern den Grabstein selbst entworfen und umgesetzt. Dieser besteht zum Großteil aus Glas und verarbeitet eine bekannte Stelle aus dem Johannesevangelium: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt" (Joh 11,25).
Dennoch ist Glas nicht das einzige Material, mit dem er arbeitet. 2016 fing Schmitt an, Paramente für liturgische Gewänder zu entwerfen. "Moderne Paramentik ist eigentlich eine Seltenheit", so der Theologe. Zwar würden immer noch viele Paramente hergestellt, doch viele davon mit älteren Motiven. "Ich versuche, in meiner Gestaltung zeitgemäße Paramente zu entwerfen, die neben einem modernen Design eine tiefgehende theologische Bedeutung enthalten." Für einen befreundeten Neupriester entwarf er 2017 sogar das Primizgewand und stellte eine Beerdigungsstola für ihn her.
Einfühlungs- statt Anschauungsobjekte
Zentrale Dinge in Schmitts Kunst sind die Themen Tod und Auferstehung – aus einem einfachen Grund: "Sie prägen das Christsein am meisten." Entscheidend sei immer, dass sich der Betrachter in seine Objekte hineinversetzten könne. Deswegen verzichte er auch auf allzu plastische Darstellungen von Personen: "Meine Werke sollen keine Anschauungsobjekte, sondern Einfühlungsobjekte sein", so Schmitt.
Der 25-Jährige hat sich in seiner Karriere auch schon einmal auf ein großes Projekt eingelassen: Als in seiner Heimatpfarrei St. Michael in Bernkastel-Kues die Renovierung des Kirchenraums ins Gespräch kam, reichte Schmitt einen Entwurf ein. Dazu hat er zunächst das Vorhandene analysiert und anschließend überlegt, wie er das mit neuen Elementen verbinden kann. Wichtig sei ihm dabei gewesen, dass der Raum ein theologisches Gesamtkonzept bekomme. "Manchmal hat man das Gefühl, der Künstler baut irgendeinen Altar für eine Kirche, der ihm zwar gerade gefällt, aber in jede beliebige Kirche hineinpassen würde. Ich finde es gut, wenn sich Altes und Neues in einem Gotteshaus unterscheidet, aber eine Einheit bildet." Er reagierte entspannt darauf, dass es am Ende doch nicht zum geplanten Umbau kam und sein Entwurf somit nicht umgesetzt wurde.
Vergangenen Herbst wurde Tobias Schmitt eine besondere Ehre zu Teil: In seiner Heimat an der Mosel wurden einige seiner Werke ausgestellt. Seit 2017 betreibt er sogar eine eigene Firma. Neben der Herstellung von Kunstwerken bietet er Kurse für Firmlinge und Erstkommunionkinder an, bei denen diese ihre eigenen Glaskreuze basteln können. Zudem begleitet er Trauernde beim Entwurf und der Herstellung von individuellen Grabsteinen für Verstorbene.
Mit seiner Kunst möchte Schmitt einen Beitrag zum kirchlichen Leben leisten. "Ich möchte Kindern und Jugendlichen durch die Kunst einen Zugang zum Glauben ermöglichen, Trauernden helfen, eine neue Beziehung zum Verstorbenen aufzubauen und mit der Trauer umgehen zu können." Auch der Kirche an sich möchte der 25-Jährige helfen: Sie soll durch zeitgemäße Kunst Rahmenbedingungen für den Vollzug des Glaubenslebens in der heutigen Zeit ermöglichen.