Franziskus: Ungerechte Verteilung spaltet die Gesellschaft
Papst Franziskus hat am Freitag die jährliche Gebetswoche für die Einheit der Christen eröffnet. Dabei rief er die Christen zum Einsatz für eine gerechtere Wirtschaft auf. Wenn Christen untereinander Solidarität lebten, könnten sie "ein Volk sein, das mit festem und zuversichtlichem Schritt auf dem Weg zur Einheit weitergehen kann", so Franziskus in seiner Predigt während eines ökumenischen Abendgebets in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern.
"Wenn die Gesellschaft nicht mehr das Prinzip der Solidarität und des Gemeinwohls zur Grundlage hat, erleben wir den Skandal, dass Menschen in extremer Armut unmittelbar neben Hochhäusern, stattlichen Hotels und luxuriösen Einkaufszentren, den Symbolen unglaublichen Reichtums, leben", sagte das Kirchenoberhaupt. Die Gebetswoche für die Einheit der Christen steht dieses Jahr unter dem Motto "Gerechtigkeit, Gerechtigkeit – ihr sollst du nachjagen", das von indonesischen Christen gewählt wurde. Ihre Heimat ist besonders durch soziale Gegensätze geprägt.
Der Papst mahnte zu gerechtem Wirtschaftswachstum, sonst werde "die Harmonie einer Gesellschaft, in der Menschen verschiedener Ethnien, Sprachen und Religionen im Geist gegenseitiger Verantwortung zusammenleben", gefährdet. Eine Gesellschaft spalte sich, wenn der Reichtum nicht geteilt werde.
Einheit der Christen hängt von Gottes Gnade ab
Die Christen warnte er davor, die "geistlich geschenkten Gaben" als ihr Eigentum anzusehen, sowie die Gaben, die Gott anderen Christen gab, geringzuschätzen: "Es ist eine schwere Sünde, die Gaben, die der Herr anderen Brüdern und Schwestern geschenkt hat, abzuwerten oder zu verachten und zu meinen, diese seien in irgendeiner Weise weniger von Gott bevorzugt." Solche Gedanken verursachten Ungerechtigkeit und Spaltung. Erneut betonte der Papst, dass die Einheit der Christen von Gottes Gnade abhänge und alle gemeinsam um dieses "große Geschenk" bitten müssten.
An dem Abendgebet in Sankt Paul nahmen wie üblich viele Vertreter anderer Kirchen teil – etwa eine ökumenische Delegation aus Finnland, Studenten des Ökumenischen Instituts in Bossey, sowie orthodoxe Studenten in Rom. Entgegen der bisherigen Tradition fand die Vesper zur Eröffnung der Gebetswoche statt und nicht zum Abschluss, da der Papst am Mittwoch zum Weltjugendtag nach Panama reist.
Die Gebetswoche für die Einheit der Christen wird jährlich Ende Januar gefeiert. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hat die Federführung bei der Organisation. Die internationale Gebetswoche wurde 1909 vom Amerikaner Paul Francis Wattson (1863–1940) ins Leben gerufen. Seit Papst Pius X. (1903–1914) unterstützt die römisch-Katholische Kirche offiziell die Weltgebetswoche. (mal/KNA)