Regierung will Gentests durch Krankenkassen zahlen lassen

Kirchen: PID ist keine gewöhnliche medizinische Leistung

Veröffentlicht am 25.01.2019 um 14:46 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Der Plan des Bundesgesundheitsministeriums, die Präimplantationsdiagnostik künftig von den Krankenkassen zahlen zu lassen, stößt bei den Kirchen auf scharfe Kritik. Sie bemängeln auch das parlamentarische Verfahren in dieser Angelegenheit.

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Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) lehnt das Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums ab, die Präimplantationsdiagnostik (PID) zu einer Leistung der gesetzlichen Krankenkassen zu machen. Die Methode würde damit in den Rang einer gewöhnlichen medizinischen Leistung gehoben, kritisierte der Hauptausschuss des ZdK am Freitag in Bonn. Zugleich kritisierte das Laiengremium das Vorgehen des Bundestags bei dieser Thematik. Es sei "unangemessen", eine Gesetzesänderung zu einer solch weitreichenden gesellschaftlichen Weichenstellung vorzulegen, ohne zuvor eine gründliche gesellschaftliche und politische Diskussion darüber zu führen.

Hintergrund: Dass die Krankenkassen die Untersuchung von Embryonen auf Erbkrankheiten künftig unter bestimmten Bedingungen zahlen sollen, war überraschend in den Entwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingefügt worden. Das Gesetz soll Kassenpatienten einen besseren Zugang zu Arztterminen verschaffen.

Kritik der Kirchen an "parlamentarischem Hauruckverfahren"

In einem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Ralph Brinkhaus (CDU) und Andrea Nahles (SPD), hatten die beiden großen Kirchen am Donnerstag geklagt, dass ein "ethisch hoch sensibles Thema" offenbar durch einen "fachfremden" Änderungsantrag der Regierungsfraktionen "praktisch im parlamentarischen Hauruckverfahren" entschieden werden solle. Spätestens seit der kontrovers geführten Debatte um eine Zulassung der PID im Jahr 2011 sei die Brisanz des Themas bekannt, so die Kirchen. Es liege auf der Hand, dass eine Kostenübernahme durch die Solidargemeinschaft der Versicherten erneut schwerwiegende Fragen aufwerfe. Deshalb sei das nun gewählte parlamentarische Verfahren nicht nachvollziehbar.

Der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, und sein evangelischer Amtskollege Martin Dutzmann baten die Fraktionschefs der Großen Koalition deshalb, das Verfahren zu überdenken "und eine ausgewogene Debatte über dieses schwierige Thema zu ermöglichen". Dafür böte die vom Bundestag geplante Orientierungsdebatte über Fragen der Pränataldiagnostik "zeitnah einen passenden Rahmen", heißt es weiter.

Das ZdK betonte in seiner Stellungnahme, es habe sich 2011 für ein Komplettverbot der PID eingesetzt, "da die PID eine selektive Methode ist, die im Widerspruch zu der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen steht". Der Wille des Gesetzgebers müsse aber respektiert werden.  "Wenn nun aber ohne öffentliche Debatte die Finanzierung vergemeinschaftet werden soll, ist das ein völlig unangemessenes Vorgehen."

ZdK: PID ist keine gewöhnliche medizinische Leistung

Mit einer per Bundesgesetz angeordneten Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen würde die PID als eine gewöhnliche medizinische Leistung anerkannt, die sie laut Embryonenschutzgesetz ausdrücklich nicht sei, betont das Katholikenkomitee. "Im Gesetz kommt das durch eine Gewissensklausel zum Ausdruck, die es Ärzten ausdrücklich erlaubt, nicht an einer PID mitzuwirken."

Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) werden im Rahmen der Reagenzglas-Befruchtung befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibs auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen vernichtet. 2011 hatte der Bundestag eine begrenzte Zulassung von PID ermöglicht. Danach ist die Methode in Fällen zulässig, "in denen ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist". Bedingung ist die Prüfung jedes Einzelfalls durch Ethikkommissionen. Nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen die gesetzlichen Krankenkassen künftig die ethisch umstrittene Methode bei Paaren bezahlen, die trotz der Vorbelastung durch schwere Erbkrankheiten ein Kind bekommen wollen. (stz/KNA)