Standpunkt

Theologie braucht Freiheit, nicht Ergebenheit!

Veröffentlicht am 04.02.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Unmut unter deutschen Theologen wächst: Die Causa Wucherpfennig und die restriktiven Bestimmungen von "Veritatis gaudium" scheinen die Forschungsfreiheit einzuschränken. Die aus Rom geforderte Ergebenheit ist kontraproduktiv, findet Stefan Orth.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

An sich – so sollte man meinen – müsste es im Verhältnis zwischen der katholischen Theologie und dem kirchlichen Lehramt ruhiger geworden sein. Papst Franziskus ist seit inzwischen fast sechs Jahren im Amt, hat vor allem durch seinen pastoralen Stil bestochen und nicht auf die Festschreibung theologischer Positionen gesetzt. Öffentliche Maßregelungen von Theologen gab es bisher nicht. Dennoch rumort es unter ihnen.

Das war auch Ende der vergangenen Woche bei der diesjährigen Vollversammlung des Katholisch-Theologischen Fakultätentags in Siegburg deutlich zu spüren. Da gab es zuletzt den Vorfall um die Verschleppung des römischen Nihil Obstats für den Rektor der Jesuitenhochschule in Frankfurt (St. Georgen) wegen ihm vorgeworfener nicht lehramtskonformer Äußerungen zur Homosexualität. Und dem Vernehmen nach mahnt die Glaubenskongregation immer wieder auch bei anderen Klarstellungen an.

Vor allem stößt vielen Professoren aber weiter bitter auf, dass der Papst im vergangenen Jahr in seiner Apostolischen Konstitution "Veritatis gaudium" über die Rolle der Theologie abermals eine Reihe von Reglementierungen veröffentlicht hat, etwa hierzulande neue Unbedenklichkeitsbescheinungen für Dekane theologischer Fakultäten. Franziskus hat dem Papier zwar eine für das Fach höchst ermutigende, viel gepriesene Einleitung vorangestellt, deren Geist die mitveröffentlichten Normen allerdings nicht erreicht haben.

Dabei ist die verlangte "Ergebenheit" gegenüber dem Lehramt im Kontext deutschsprachiger Fakultäten, die sich innerhalb ihrer Universität auch interdisziplinär behaupten müssen und wollen, kontraproduktiv. Viele Fachvertreter berichten davon, dass ihnen mit Blick auf die jüngeren Ereignisse vermehrt mangelnde Forschungsfreiheit von den Kollegen anderer Fachbereiche vorgehalten wird.

Letztlich muss auch der Kirche an einer auch andere überzeugende Reflexion von religiösen Traditionen und Glaubensvollzügen im Rahmen einer säkularen Gesellschaft gelegen sein. Gerade das Nachdenken über Gott setzt ein vorbehaltloses, radikales Fragen voraus, das nicht mit Blick auf den kirchlichen Status quo ausgebremst werden darf.

Von Stefan Orth

Der Autor

Dr. Stefan Orth ist stellvertretender Chefredakteur der Herder Korrespondenz.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.