Heute gibt’s was auf die Glocke
Kirchenglocken sind, ob sie nun läuten oder nicht, Kinder ihrer Zeit. Das macht die Sache mitunter kompliziert. In Paderborn haben sie jetzt eine Glocke gegossen nach einem alten Rezept eines Benediktinermönchs aus dem Mittelalter. Trotz der ausführlichen Beschreibungen habe es immer wieder "Lücken im Verfahren" gegeben, klagte der ausführende Archäologe und Kunstgießer Bastian Asmus. Ihre Vollendung fand die tönerne Gesellin gleichwohl – am 24. August soll sie dann in den Dachreiter der Bartholomäuskapelle neben dem Paderborn Dom verfrachtet werden.
Was in Paderborn angebracht wird, soll andernorts weichen. Gegen die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland wurde vor wenigen Tagen ein Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft Erfurt eingereicht. Es geht um sechs Glocken in fünf Thüringer Kirchen, die nach 1933 gegossen wurden und mit Zierrat und Inschriften Adolf Hitler und dem NS-Regime huldigen. Kritikern sind solche "Nazi-Glocken" seit längerem ein Dorn im Auge. Aber ist die Verbannung aus dem öffentlichen Raum der richtige Weg? Oder leistet die zweifellos gut gemeinte Entsorgung von dunklen Epochen der deutschen Historie eher einer allgemeinen Geschichtsvergessenheit Vorschub? Läuten, um der Vergangenheit zu gedenken – wäre doch auch eine Möglichkeit, oder? Gerichte werden das allerdings nicht klären – der gesunde Menschenverstand könnte helfen.
Eins auf die Glocke geben möchte man mitunter manchen Industriebossen, die mit dicken Gehältern und Steuersparmodellen die Gesellschaft schröpfen anstatt bleibende Werte zu schöpfen. Ein Segen ist es da zu erfahren, dass das aus der christlichen Botschaft geronnenes Gedankengut in der Wirtschaft "brandaktuell" ist. Der Bedarf an ethischer Orientierung nehme zu, meint Ulrich Hemel, Vorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer. Wer allerdings in der Telekom- und Post-Metropole Bonn auf die dicken Dienstwagen schaut, die Straßen und Parkplätze verstopfen, wird den Eindruck nicht los, dass viele der Betroffenen noch gar nicht um ihren Bedarf an Orientierung wissen – sofern er über die Fähigkeiten des im SUV verbauten Navigationsgerätes hinausgeht.
Was die Stunde geschlagen hat, weiß der Magdeburger Bischof Gerhard Feige. Zumindest klingt es so, wenn er mit Blick auf Mutter Kirche sagt, man müsse die Frage der Priesterweihe für Frauen offen halten. "Dies rigoros abzulehnen und lediglich mit der Tradition zu argumentieren, überzeugt nicht mehr", so Feige. Ausgerechnet jetzt aber wollen katholische Frauen in einen Kirchenstreik treten. "Maria 2.0" lautet das Motto. Bitte, liebe Damen, überdenken Sie das! Es könnte sein, dass die Entscheidung über Ihre Zukunft ausgerechnet zwischen dem 11. und 18. Mai fällt – wenn Sie gerade aus dem Gotteshäuschen sind. Aber seien Sie sicher: In dem Falle wird mutmaßlich die ein oder andere Kirchenglocke läuten!