Nach Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs

Kardinal George Pell verhaftet

Veröffentlicht am 27.02.2019 um 09:26 Uhr – Lesedauer: 

Melbourne/Vatikanstadt  ‐ Nach der Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs ist der australische Kardinal George Pell verhaftet worden. Er ist nun auch nicht mehr Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariates, wie der Vatikan auf ungewöhnliche Art und Weise mitteilte.

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Der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilte Kurienkardinal George Pell (77) ist in Australien in Haft genommen worden. Das ordnete am Mittwoch ein Amtsgericht in Melbourne an. Es hob damit die Kaution auf, die Pell nach dem Schuldspruch im Dezember 2018 wegen einer Knieoperation gewährt worden war, wie australische Medien berichten. Pell sei von Justizbeamten aus dem Saal abgeführt worden - ohne Handschellen. Als er zu seiner Anhörung erschienen war, wurde er vor dem Gebäude von Dutzenden aufgebrachter Demonstranten empfangen.

Nicht mehr Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariats

Der frühere vatikanische Finanzminister war wegen sexuellen Missbrauchs eines 13-Jährigen und sexueller Belästigung eines weiteren Jungen schuldig gesprochen worden. Ihm drohen bis zu 50 Jahre Haft. Das Strafmaß soll spätestens Mitte März verkündet werden, so lange wird Pell mindestens im Gefängnis bleiben.

Wenige Tage nach dem Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan hatte ein Richter am Dienstag das Mitte Dezember einstimmig gefällte Jury-Urteil bestätigt. Pell ist weltweit der ranghöchste katholische Würdenträger, der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt und verurteilt wurde. Seine Verteidiger kündigten Berufung an.

Unterdessen teilte Vatikansprecher Alessandro Gisotti am späten Dienstagabend auf Twitter mit, dass Pell nicht mehr Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariates sei. Dass der Vatikan eine so wichtige Personalie auf Twitter und in englischer Sprache kommuniziert, ist ungewöhnlich.

Linktipp: Jetzt offiziell: Kardinal Pell wegen Missbrauchs verurteilt

Er war die Nummer drei im Vatikan und gehörte zu den engsten Beratern des Papstes. Jetzt bestätigte das Gericht offiziell: Der australische Kardinal George Pell ist wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gesprochen worden. Ihm droht eine lange Haftstrafe.

Die turnusmäßige Amtsdauer für vatikanische Leitungsämter beträgt fünf Jahre und muss dann vom Papst verlängert werden. Pell war am 24. Februar 2014 von Franziskus zum Finanzchef berufen worden. Die fünf Jahre sind damit ohnehin abgelaufen. Im Juni 2017 wurde Pell bereits von der Leitung des Wirtschaftssekretariates beurlaubt, um sich in Australien vor Gericht zu verantworten. Kurz nach dem Schuldspruch durch die australische Jury im Dezember entließ ihn Franziskus aus seinem Beratergremium für die Kurienreform.

Der Erzbischof von Melbourne, Peter Comensoli, betonte am Mittwoch gegenüber australischen Medien, Pell sei weiterhin ein "guter Freund". Er werde seinen "Lehrer" und Vorvorgänger im Amt im Gefängnis besuchen. Gleichzeitig entschuldigte sich Comensoli bei den Opfern sexuellen Missbrauchs. Das Vertrauen in die Kirche sei "furchtbar beschädigt".

Missbrauchsopfer und ihre Familien fällten unterdessen vernichtende Urteile über Pell. Die Eltern zweier von Priestern vergewaltigter Töchter bescheinigtem Pell einen "soziopathischen Mangel an Empathie". Er habe sie "aggressiv schikaniert", als sie ihm im persönlichen Gespräch über den Missbrauch ihrer Töchter berichteten, sagten sie dem Nachrichtenportal "News.com.au". Eine der Töchter hatte sich 2008 mit 26 Jahren das Leben genommen. Ihre Schwester wurde alkoholabhängig und ist seit einem Autounfall schwerbehindert.

Laut australischen Medien wird Pell im Melbourne Assessment Prison inhaftiert, das drei Kilometer von Pells früherer Bischofskirche St. Patrick liegt. Dort hatte sich Pell nach Überzeugung des Gerichts an den beiden Jungen sexuell vergangen.

Gisotti: Vatikan achtet australische Gerichte

Vatikansprecher Gisotti erklärte am Dienstag, man werde das Ergebnis des Berufungsprozesses abwarten, bis es "definitive Fakten" gebe, seien dem Kardinal aber weiterhin die öffentliche Ausübung seines Amtes sowie jeglicher Kontakt mit Minderjährigen verboten. Gisotti bekräftigte, dass der Vatikan die australischen Gerichte achte, erinnerte aber zugleich daran, dass Pell stets seine Unschuld beteuert und ein Recht auf Verteidigung bis zur letzten Instanz habe. (gho/fxn/dpa/KNA)