Zahl der Abtreibungen leicht gesunken
Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist 2018 leicht zurückgegangen. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, wurden im vergangenen Jahr 100.986 Abtreibungen gemeldet - 0,2 Prozent oder 223 Abbrüche weniger als 2017. Zwischen 2014 und 2016 war die Zahl zwischenzeitlich erstmals unter die 100.000-Marke gerutscht. In den 90er Jahren wurden - nach der Wiedervereinigung - regelmäßig um die 130.000 Abtreibungen gemeldet; 2001 erreichten sie den bisherigen Höchststand von 134.964.
Stabil gegenüber dem Vorjahr blieb 2018 auch die Abtreibungsquote, die den Anteil der Frauen im gebärfähigen Alter benennt, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen. Sie wird seit 1997 ermittelt. Hatten im Jahr 2000 noch durchschnittlich 68 von 10.000 Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 49 Jahren eine Abtreibung durchgeführt, waren es 2014 und 2015 noch 56. Für 2017 und 2018 meldeten die Statistiker eine Quote von 58.
Abtreibungen spielen kaum eine Rolle im Medizinstudium
Bei den Altersdaten gibt es nach Angaben der Statistiker kaum Veränderungen. 72 Prozent der Frauen, die 2018 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, hatten ein Alter zwischen 18 und 34 Jahren. 17 Prozent waren zwischen 35 und 39 und rund 8 Prozent der Frauen älter als 40. Der Anteil der Minderjährigen lag bei 3 Prozent. Insgesamt wurden 96 Prozent der gemeldeten Abtreibungen nach der Beratungsregelung vorgenommen; 4 Prozent der Fälle wurden auf medizinische oder kriminologische Gründe zurückgeführt, etwa nach einer Vergewaltigung.
Wie der zuständige Statistiker Heiko Schirrmacher auf Anfrage weiter mitteilte, ist die Zahl der Stellen, die Abtreibungen durchführen und melden, in den vergangenen Jahren stark gesunken. Gab es 2003 noch 2.050 Kliniken und Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführten, so waren es Ende 2018 noch 1.173. Mediziner hatten in den vergangenen Monaten beanstandet, dass es für Frauen immer schwieriger werde, eine Einrichtung für einen Schwangerschaftsabbruch zu finden; auch spiele das Thema in der medizinischen Ausbildung kaum eine Rolle.
Statistiker Schirrmacher sprach nüchtern von einer "Zentralisierung" - was auch bedeute, dass immer mehr Frauen weitere Wege in Kauf nehmen müssten oder eine Abtreibung in einem anderen Bundesland vornehmen lassen. Schon seit längerer Zeit beobachten die Statistiker auch einen Trend zu ambulanten Abbrüchen: Rund 80 Prozent der Eingriffe wurden 2018 in gynäkologischen Praxen durchgeführt, die übrigen im Krankenhaus.
Um das Thema Abtreibung gab es in den vergangenen Monaten heftigen Streit. Er entzündete sich am Werbeverbot für Abtreibungen: Auslöser war die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel, weil sie auf ihrer Homepage darüber informierte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Vergangenen Donnerstag beschloss der Bundestag nach monatelangem Streit einen Kompromiss, der eine Ergänzung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch vorsieht und Ärzten mehr Rechtssicherheit geben soll.
Studie sorgte für erregte Debatten
Der Paragraf untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Abtreibungen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Nach dem Kompromiss sollen Ärzte und Krankenhäuser etwa auf ihrer Internetseite darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen gemäß den gesetzlichen Voraussetzungen vornehmen. Zudem soll die Bundesärztekammer eine ständig aktualisierte Liste der Ärzte und Krankenhäuser erstellen, die Abbrüche durchführen.
Auch eine von den zuständigen Bundesministern Jens Spahn (CDU), Franziska Giffey und Katarina Barley (beide SPD) in Eckpunkten vereinbarte Studie zu den seelischen Folgen von Abtreibungen für Frauen sorgte für erregte Debatten. Spahn will sie zügig in Auftrag geben und hat dafür fünf Millionen Euro bereitgestellt. Grüne, Linke, FDP sowie große Teile der SPD halten eine solche Untersuchung für überflüssig, da es bereits entsprechende Studien gebe.