Der liebe Gott ist nicht so!
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Impuls von Schwester Veronica Krienen
Der liebe Gott ist nicht so – heißt es bei uns in Köln. Der liebe Gott ist nicht so eng, streng und unversöhnlich. Das heutige Gleichnis illustriert es. Da ist einer, der alles verplempert und verschleudert hat, und er wird letztendlich in großer Freude wieder umarmt und in seine Sohnesrechte eingesetzt. Und da ist einer, der alles hat und sich doch vernachlässigt fühlt, der sich nicht überwinden kann, sich mit dem Bruder zu freuen. Auch zu ihm kommt der Vater heraus und versucht ihn zu gewinnen: Bilder des Barmherzigen Gottes, der eben nicht so ist. Welches Glück für jede und jeden von uns – immer wieder einmal.
Dieses Evangelium hat aber auch noch eine andere Seite. Die Güte, die Gott uns im diesem Vaterbild zeigt, ist gleichzeitig unsere Herausforderung. Denn wir alle sind eingeladen und gerufen, in solche Väterlichkeit und Mütterlichkeit hinein zu wachsen und zu reifen, wie Jesus sagt: "Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist" (Lk 6,36).
Ja, so ist Gott auch – so anspruchsvoll, so ernst zu nehmen. Er mutet uns zu, in seine so ganz andere Logik einzusteigen, in der der Mensch wichtig ist – wie auch immer er uns begegnet, wo auch immer seine Einschränkungen liegen. Gott traut uns zu, uns in seine Vorliebe für die Verlorenen hineinzuüben. Und er will uns verlocken, Geschmack zu finden an der Freude, die daraus fließt, Gottes Fest mitzufeiern.
Gott fordert uns heraus, uns mit den Zöllnern und Sündern unserer Zeit abzugeben. Er traut uns zu, seine Worte auf die Erfordernisse unserer Zeit hin neu zu denken und uns derer anzunehmen, die in unserer Wahrnehmung und Wertung verlottert daherkommen. Er traut uns zu, dass wir mit ihnen Mitleid haben, uns schmerzlich treffen lassen. Er lädt uns ein, sie in die Arme und ans Herz zu nehmen und ihnen einen Platz zu geben.
Das kann ganz unspektakulär geschehen in den kleinen Verlorenheiten, die in unserem Freundeskreis, in der Nachbarschaft und am Arbeitsplatz immer wieder vorkommen. Vielleicht gilt diese Inspiration Gottes aber auch für unsere gesellschaftlichen Fragen. Denn auch wenn das Evangelium kein politischer Text ist, so ist es doch nicht unpolitisch, in einem großen Familienunternehmen mit Knechten und Tagelöhnern den zerlumpten Sohn wieder in seine Sohnesrechte einzusetzen, ihm das Scheckbuch in die Hand zu drücken, und das alles den Zuhausegebliebenen zuzumuten.
Die Gedanken Gottes bleiben uns wirklich oft fremd, immer wieder zeigt er sich anders als wir es uns wünschen. Und doch will seine ganz andere Logik uns inspirieren in den Herausforderungen unserer Zeit. Vielleicht können wir dann sogar die Freude Gottes über jeden Geretteten nachfühlen.
Aus dem Evangelium nach Lukas (Lk 15,1-3.11-32)
In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu ihm, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen. Da erzählte er ihnen dieses Gleichnis und sagte:
Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht! Da teilte der Vater das Vermögen unter sie auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen.
Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er begann Not zu leiden. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluss, ich aber komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner!
Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von Weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da sagte der Sohn zu ihm: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt einen Ring an seine Hand und gebt ihm Sandalen an die Füße! Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein Fest zu feiern.
Sein älterer Sohn aber war auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. Der Knecht antwortete ihm: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederbekommen hat.
Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. Doch er erwiderte seinem Vater: Siehe, so viele Jahre schon diene ich dir und nie habe ich dein Gebot übertreten; mir aber hast du nie einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.
Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir und alles, was mein ist, ist auch dein.Aber man muss doch ein Fest feiern und sich freuen; denn dieser, dein Bruder, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.