Bischof Ipolt warnt vor zu hohen Erwartungen an den "synodalen Weg"
Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt hat vor überzogenen Erwartungen an den "synodalen Weg" der deutschen Bischöfe gewarnt. "Die Erwartungen sind groß, dass, etwas überspitzt gesagt, ab morgen sozusagen eine 'neue Kirche' entstehen wird. Das ist nicht zu erwarten", sagte Ipolt am Wochenende in einem Interview der "Sächsischen Zeitung". Wenn über eine Erneuerung der Kirche gesprochen werde, tue man in Deutschland gut daran, "bei unseren Problemen immer den Sensus für die Weltkirche zu behalten".
Manche Diskussionen oder Forderungen aus der hiesigen Kirche empfinde er "ein wenig provinziell und zu wenig von einer Glaubensperspektive durchdrungen", so Ipolt weiter. Beispielhaft nannte der Bischof von Deutschlands kleinstem Bistum die anhaltende Diskussion um eine mögliche Priesterweihe für Frauen. Diese Frage etwa werde in vielen Ländern und Kulturen "ganz anders gesehen als bei uns". Eine Entscheidung darüber werde beim "synodalen Weg" nicht fallen.
"'Synodaler Weg' wird wichtige Empfehlungen bringen"
Gleichwohl betonte der 65-Jährige, dass der "synodale Weg" sinnvoll sei und wichtige Empfehlungen bringen werde: "Auch wenn wir über die Priesterweihe für Frauen nicht entscheiden können, so können wir uns doch fragen, wo und wie wir mehr Frauen verantwortliche Aufgaben in der Kirche anvertrauen können." Als er selbst Bischof von Görlitz geworden sei, habe er das Amt des Generalvikars vom Amt des Ökonomen des Bistums getrennt. "Das macht jetzt eine Frau, die dafür auch die nötige Kompetenz mitbringt", so Ipolt. Darüber hinaus gebe es noch andere leitende Positionen, die nicht unbedingt mit einem Priester besetzt seien müssten.
Linktipp: Bischöfe beschließen "synodalen Weg" zu Sexualmoral und Zölibat
Machtabbau bei Klerikern, Zölibat und Sexualmoral der Kirche sollen Thema sein: Die deutschen Bischöfe haben bei ihrer Vollversammlung einen "verbindlichen synodalen Weg" zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in Deutschland beschlossen. Dabei wollen sie eng mit den katholischen Laien kooperieren. (Artikel von März 2019)Den Zölibat, der beim "synodalen Weg" ebenfalls thematisiert werden soll, bezeichnete Ipolt in dem Interview als Lebensform, die nur aus dem Glauben heraus zu verstehen sei. "Es ist die Lebensform Jesu, die ein Mensch – in diesem Fall der Priester – damit übernimmt, um seinem Glauben und seiner Verkündigung Gewicht zu verleihen." Dies bleibe im echten Sinn des Wortes "an-stößig" und zugleich interessant. Der Bischof stellte die Vermutung auf, dass es für junge Menschen heute eher schwierig sei, eine lebenslange Bindung einzugehen und einen Beruf für immer auszuüben. Für den Priesterberuf sei dies "ohne Zweifel eine Herausforderung".
Erstes Signal zum Ersten Advent
Die deutschen Bischöfe hatten den "synodalen Weg" im März nach intensiven Debatten bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Lingen ohne Gegenstimmen und bei vier Enthaltungen beschlossen. Bei dem Beratungsprozess soll es unter Mitarbeit von katholischen Laien und externen Fachleuten um die Frage nach der klerikalen Macht, den Zölibat als verpflichtende priesterliche Lebensform und die kirchliche Sexualmoral gehen; ein weiteres Forum zur künftigen Rolle der Frauen in der Kirche ist im Gespräch. Nach den jüngsten Planungen soll zum Ersten Advent ein erstes Signal für den Start des "synodalen Weges" gegeben werden, das eigentliche Auftakttreffen soll voraussichtlich im Frühjahr 2020 stattfinden.
Bereits zwischen 2011 und 2015 hatte es in der katholischen Kirche in Deutschland einen sogenannten Gesprächsprozess gegeben, der allerdings ohne greifbare Resultate zu Ende gegangen war. Von dem jetzt geplanten "synodalen Weg" versprechen sich Befürworter mehr konkrete Ergebnisse. Kritiker warnen dagegen vor einem deutschen Sonderweg in der Weltkirche und verweisen darauf, dass Fragen wie die Weihe von Frauen die Lehre beträfen und nicht national entschieden werden könnten. (stz)