Als eine Seeschlacht das Rosenkranzgebet förderte

Das Rosenkranzfest: Ein Gedenktag zwischen Krieg und Frieden

Veröffentlicht am 07.10.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Heute feiert die Kirche das Rosenkranzfest. Der Gedenktag ist vielerorts zwar in Vergessenheit geraten, doch seine Geschichte dafür umso spannender: Die Ursprünge liegen in der Seeschlacht von Lepanto vor knapp 450 Jahren.

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Am 7. Oktober begeht die Kirche einen heute kaum noch bekannten Gedenktag. Dabei ist die Entstehung des sogenannten Rosenkranzfestes eine spannende: Es geht auf die knapp 450 Jahre zurückliegende Seeschlacht bei Lepanto zurück. Bei keiner Schlacht zu Wasser gab es davor oder danach mehr Gefallene an einem einzigen Tag. Damals standen sich die osmanische, muslimische Flotte unter Ali Pascha und eine gemeinsame christliche Flotte unter Don Juan de Austria entgegen. Vorangegangen waren viele militärische Auseinandersetzungen im Mittelmeerraum, unter anderem auch die Belagerung von Malta.

Die Johanniter hatten unter Jean de La Valette die Insel zwar halten können, die Osmanen nach der Eroberung von Rhodos und Zypern ihre Vormachtstellung im östlichen Mittelmeerraum jedoch abgesichert. Für die christliche Seefahrt sah es also düster aus. In dieser Situation gelang es Papst Pius V. (1566-1572) zunächst eine Koalition aus Spanien, Venedig und Genua zu bilden, die "Heilige Liga". Doch er beließ es nicht bei militärisch-politischen Maßnahmen: Die ganze Christenheit bat er um das Gebet des Rosenkranzes für den Sieg. 

Rosenkranz-Bruderschaften hatten unaufhörlich für den Sieg gebetet

Am 7. Oktober 1571 trafen die Flotten des Sultans schließlich bei Lepanto (heute: Nafpaktos) auf die der Heiligen Liga. Obwohl die türkischen Marinesoldaten als die besten ihrer Zeit galten, wurden sie vernichtend geschlagen. Mehr als 100 ihrer Galeeren wurden gekapert und damit 10.000 christliche Rudersklaven befreit. Die Verluste der Heiligen Liga blieben hingegen gering. Mit dem Sieg bei Lepanto war die osmanische Invasion gestoppt, das Mittelmeer wurde wieder zum christlichen Einflussgebiet. Diese entscheidende Wendung schrieb man jedoch weniger militärischem Geschick als vielmehr dem Wirken der Gottesmutter und der Kraft des Rosenkranzgebets zu. Insbesondere die Rosenkranz-Bruderschaften hatten in Rom unaufhörlich für den Sieg der christlichen Koalition gebetet.

Zwei Menschen beten gemeinsam einen Rosenkranz.
Bild: ©privat

Zwei Menschen beten gemeinsam einen Rosenkranz.

Erst rund ein Jahrhundert zuvor war der Rosenkranz, wie er heute noch üblich ist, überhaupt entstanden. Besonders gefördert wurde er von den Jesuiten und Dominikanern. Eine Legende besagt sogar, dass der heilige Dominikus die Gebete oder auch den Rosenkranz selbst von Maria persönlich erhalten habe – als wirksames Mittel gegen die häretischen Albigenser.

Aber erst mit dem Sieg von Lepanto, dem Sieg der Rosenkranz betenden Christenheit und der Gottesmutter über den Islam, wurde der Rosenkranz wirklich populär. Pius V. drückte seine Dankbarkeit aus, indem er den Gedenktag "Unserer Lieben Frau vom Sieg" stiftete.

Rosenkranzfest erfuhr viele Veränderungen

Das neu eingeführte Fest wurde ein Jahr nach dem Sieg erstmals begangen – am ersten Sonntag im Oktober. Pius' Nachfolger Papst Gregor XIII. (1572-1585) verlegte es wiederum ein Jahr später auf den ursprünglichen Tag der Schlacht, den 7. Oktober, und gab ihm den Namen "Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz". Oder eben kurz: "Rosenkranzfest". Zunächst war es aber kein weltweit begangener Tag und sollte nur in Kirchen mit speziellem Rosenkranz-Altar gefeiert werden. Erst Papst Clemens XI. dehnte das Fest 1716 schließlich auf die ganze Kirche aus, nachdem die kaiserlichen Truppen in der Schlacht von Peterwardein erneut über die Truppen des Osmanischen Reiches gesiegt hatten. Nun wurde das Fest am ersten Sonntag im Oktober gefeiert.

Nachdem das Fest über lange Zeit an einem wechselnden Termin begangen wurde, legte Pius X. 1913 wieder den 7. Oktober fest, der bis heute gültige Termin. Papst Leo XIII. machte schließlich sogar den ganzen Oktober zum Rosenkranz-Monat. Seit der Liturgiereform von 1969 ist das Fest heute ein gebotener Gedenktag mit dem Titel "Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz".

Der heilige Dominikus.
Bild: ©picture-alliance/akg-images/Joseph Martin

Der heilige Dominikus soll der Legende nach den Rosenkranz von der Gottesmutter empfangen haben.

Eine besondere Bedeutung erhielt das Rosenkranzfest in der Zeit des Nationalsozialismus. Am Abend des Festes 1938 hatten sich überraschend viele katholische Jugendliche zur Rosenkranz-Andacht im Wiener Stephansdom versammelt – einige tausend, manche sprechen von zehntausend Jugendlichen, waren gekommen. In seiner Predigt griff der Erzbischof von Wien, Kardinal Theodor Innitzer – zuvor wegen seines unklaren Verhältnisses zu den Nazis in der Kritik – die nationalsozialistische Ideologie scharf an. Er rief den Jugendlichen zu: "Christus ist euer Führer!" Seine Predigt gilt als Meisterstück impliziter Regimekritik und rührte die anwesenden Massen auf. So kam es nach der Andacht im Dom zu einer spontanen Jugenddemonstration. Die Reaktion der Nazis ließ nicht lange auf sich warten: Am Tag darauf verwüsteten Mitglieder der Hitlerjugend das Erzbischöfliche Palais und griffen Geistliche an, viele katholische Jugendführer wurden verhaftet.

Heute sollte das Rosenkranzfest nicht mehr politisch oder gar kriegerisch missbraucht werden. Es kann aber dazu einladen, dieses Gebet zu pflegen. Papst Benedikt XVI. ist überzeugt, dass der Rosenkranz ein "einfaches und so wirksames" Gebet ist – und auch Papst Franziskus gilt als "Rosenkranz-Fan". Statt militärischen Zielen soll er aber dem Frieden dienen.

Von Johannes B. Köhler