Standpunkt

Der interreligiöse Dialog ist genauso wichtig wie der "synodale Weg"

Veröffentlicht am 18.09.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ In Deutschland wird viel geredet über Streit zwischen Bischöfen, die Zukunft der Kirche und Maria 2.0. Alles wichtige Themen, findet Christoph Strack. Trotzdem plädiert er dafür, mal den Blick über den eigenen konfessionellen Gartenzaun zu wagen.

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Klar, Katholiken schauen ganz genau auf den gelegentlich schlingernden Kurs ihrer Kirche, der Weltkirche, und Papst Franziskus. Und die katholische Welt in Deutschland schaut auf den "synodalen Weg", auf die Kluft innerhalb der Bischofskonferenz oder auch auf Maria 2.0. Alles wichtige Themen. Aber reicht das? Reicht das Interesse für Religion bis an den eigenen (konfessionellen) Gartenzaun?

In diesen Wochen reihten sich Ereignisse geradezu aneinander, die weit darüber hinausreichen. Da war Ende August die Lindauer Konferenz von "Religions for Peace". Am vergangenen Wochenende gehörten in Madrid auch Rabbiner und Muslime zum jährlichen Sant'Egidio-Treffen. An diesem Montag saßen ebenfalls Rabbiner und Imame in Matera zusammen, der europäischen Kulturhauptstadt in Süditalien, um trotz aller Empfindlichkeiten auf das Gemeinsame zu schauen.

Die Beispiele ließen sich weiter fortsetzen. Und nein, es geht dabei nicht immer nur um Schön-Wetter-Geschichten im Sinne eines "gut, dass wir mal miteinander gesprochen haben". Tendenziell sind es Versuche einer Neubestimmung von Religion in Zeiten globaler Neubestimmungen, auch in Zeiten wachsender religiöser Verwerfungen. Der intolerante nationalistische Hinduismus in Indien ist dafür ebenso ein Beispiel wie jene Teile des Buddhismus in Myanmar, der gegen Muslime hetzten, oder – Stichwort Bolsonaro - das Aufblühen evangelikal-biblizistischer Neo-Freikirchen in Lateinamerika. Da zeigt sich jeweils Religion, die wieder ausgrenzt, die auf Kosten anderer, der Minderheiten, agiert, die von Dialog auf Augenhöhe nicht viel wissen will. Deshalb braucht es diesen Dialog und Respekt umso mehr in Zeiten, in denen politisch zu oft Populismus und Nationalismus dominieren.

In Lindau waren zwar mehrere sympathische Kardinäle und Bischöfe und Ordensleute der Weltkirche, aber aus den Reihen der 69 katholischen deutschen Bischöfe war lediglich Kardinal Marx da. Für ein paar Stunden. Ja, der Dialog der Religionen ist durchaus schwierig. Er braucht Zeit und Anstrengung. Aber er ist eben auch bereichernd. Er birgt Entdeckungen (nur ein Beispiel: von Azza Karam, der neuen Generalsekretärin von "Religions for Peace", werden wir gewiss noch hören) und sorgt für neuen Respekt. Und in Zeiten, in denen Deutschland religiös bunter wird, kann der Blick über den konfessionellen Tellerrand auch zur Vergewisserung des Eigenen beitragen.

Keine Bange: Die üblich verdächtigen Streitthemen sind auch mir wichtig. Aber es gibt für religiöse oder religionsinteressierte Menschen noch mehr Themen. Nehmen wir sie ernster.

Von Christoph Strack

Der Autor

Christoph Strack ist Leiter des Bereichs Religionen der Deutschen Welle.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.