Standpunkt

Katholizität kann sich auch teilkirchlich realisieren

Veröffentlicht am 26.09.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Was darf eine Partikularsynode entscheiden? Wenn sie nicht gegen verbindliche Lehrsätze verstoßen, darf sie auch allgemeingültige Definitionen verkünden, kommentiert Michael Böhnke. Das sei möglich, ohne die Katholizität aufzugeben.

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In den "Libri Carolini", die Aufzeichnungen aus der Zeit Karls des Großen enthalten, findet sich im Zusammenhang mit der karolingischen Synode von Frankfurt 794 eine, wahrscheinlich auf frühmittelalertlichen Gelehrten Alkuin zurückgehende, aufschlussreiche Interpretation des Geltungsanspruchs eines Partikularkonzils: "Wenn (…) Bischöfe von zwei und drei Provinzen zusammenkommen und wenn sie, ausgerüstet mit der Bestimmung der alten Kanones, irgendetwas zur Verkündigung oder zur Glaubenslehre beschließen (…), so ist das, was sie tun, katholisch und vielleicht kann es universal genannt werden, weil es ja, obgleich es nicht von den Bischöfen des ganzen Erdkreises beschlossen worden ist, dennoch von dem Glauben und der Überlieferung der Gesamtheit nicht abweicht."

Wäre es nicht an der Zeit, an diesen von den Karolingern eingeführten und von Rom akzeptierten Begriff von Ökumenizität im Rahmen der gegenwärtigen Dezentralisierungsdebatte zu erinnern? Auch eine lokale Synode sollte auf der Basis der Tradition der Kirche allgemeingültige Definitionen verkündigen dürfen, so lange diese nicht gegen die Kanones – gemeint sind im Text jene der ökumenischen Konzilien des ersten Jahrtausends – verstoßen. Konkret könnte das die Beschlussfassung des 'synodalen Weges' über die Dispens vom Zölibat im Gebiet der Deutschen Bischofskonferenz oder die Beschlussfassung über die Weihe von Frauen zum Diakonat in Deutschland bedeuten. Konkret könnte das beispielsweise auch die Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in den deutschen Diözesen als Instanz der Kontrolle bischöflicher Macht nach sich ziehen.

All das ist teilkirchlich möglich, ohne die Katholizität, das heißt die Gemeinschaft mit den anderen Ortskirchen oder Rom, aufzugeben. Ortskirchlich unterschiedliche Liturgien weisen darauf hin. Universalität erscheint im Konzept von Frankfurt 794 wünschenswert; Katholizität, die sich teil- wie universalkirchlich realisieren kann, zwingend. O wunderbare Fülle des Katholischen!

Von Michael Böhnke

Der Autor

Michael Böhnke ist Professor für systematische Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal. Außerdem ist er Ethik-Beauftragter des Deutschen Leichtathletikverbands.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.