Kohlgraf: Einwände gegen Frauenweihe überzeugen vielfach nicht
Nach Ansicht von Bischof Peter Kohlgraf überzeugen "die Einwände Roms gegen die Frauenordination vielfach nicht". Es reiche heute nicht mehr, zu sagen, "Rom hat entschieden, und deshalb reden wir nicht mehr darüber", sagte der Mainzer Oberhirte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" am Samstag. Kohlgraf habe den Aktivistinnen der Protestbewegung "Maria 2.0" versprochen, ihr Unverständnis in dieser Frage an den Vatikan weiterzugeben. "Wir schauen gemeinsam in dieselbe Richtung."
Die Teilnehmerinnen bei den Aktionen von "Maria 2.0" seien "hoch engagierte Frauen - und auch Männer - aus der Mitte unserer Gemeinden", so Kohlgraf weiter. Auch wenn am Ende des am 1. Advent beginnenden "synodalen Wegs" sicher nicht die Frauenordination stehen werde, halte er es für entscheidend, "dass wir uns auf die Denkweise derer einlassen, die in dieser Frage nach Bewegung und Veränderung rufen".
Die Verärgerung und das Unverständnis über den Ausschluss der Frauen von den Weiheämtern seien "insgesamt so dominant ist, dass es schier unmöglich wird", dahin durchzudringen, über Fragen des Glaubens zu sprechen. "Ich empfinde das als Lähmung für die Evangelisierung", räumte der Mainzer Bischof ein.
Angesichts der am Sonntag (6. Oktober) beginnenden Amazonas-Synode zeigte sich Kohlgraf offen für Reformen bei der verpflichtenden Ehelosigkeit von Priestern. "Ich hielte verheiratete Priester in bestimmten Regionen weder für einen Angriff auf die Weltkirche noch auf das Priesteramt." Bei der Bischofssynode sollen auch Möglichkeiten erörtert werden, Messfeiern in entlegenen Gebieten sicherzustellen. An der Frage der Priesterweihe für verheiratete Männer werde sich entscheiden, "wie konkret das werden darf", so Kohlgraf.
Der Geistliche kritisierte zudem ein "Auseinanderbrechen der christlichen Botschaft und der Lebenswirklichkeit der Menschen". Es sei unbestreitbar, dass die Außenwirkung der Kirche von vielen "als nicht hilfreich" erlebt werde. Dies führe dazu, dass Menschen sich distanzierten. Umso wichtiger sei es, "dass wir in der Kirche diese Kluft zur Realität wahrnehmen und sie zu schließen versuchen". Darin sehe er die Aufgabe des viel diskutierten "synodalen Wegs". Die deutschen Bischöfe hatten diesen Reformprozess im Frühjahr mit großer Mehrheit beschlossen. Er soll nach dem Missbrauchsskandal verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und zugleich nach Wegen für die Zukunft des kirchlichen Lebens suchen.
Kohlgraf plädierte im Interview auch für neue Sichtweisen in Sachen Sexualmoral. "Der Blick in die Kirchengeschichte zeigt, dass es - abgesehen von den Essentials im Glaubensbekenntnis - nichts gibt, was in der Kirche nicht dem Wandel der Zeit unterworfen gewesen wäre", sagte er. Die Lebenswirklichkeit der Menschen habe stets eine Rolle gespielt. Er rate daher zu größerer Gelassenheit und weniger Starre. "Ein Weg für eine Fortentwicklung wäre, sich von der Fixierung auf den Geschlechtsakt zu lösen und stattdessen das Ganze einer Beziehung zu sehen." (rom/KNA)