Blog: Aus der Aula der Amazonas-Synode – Teil 7

Was Papst Franziskus mit Johannes XXIII. gemeinsam hat

Veröffentlicht am 23.10.2019 um 13:10 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Pater Michael Heinz spürt bei der Amazonas-Synode den Willen, festgefahrene Strukturen in der Kirche aufzubrechen. Auch die Kirche in Europa soll nicht länger neue Ideen an ihnen scheitern lassen. Sie soll den "frischen Wind" nutzen, der vom Amazonas her weht.

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"Animo!" So schallt es uns jeden Morgen vor dem Eingang der Synoden-Aula entgegen. Frei übersetzt: "Auf geht's! Nur Mut!" Eine Gruppe von engagierten Christinnen und Christen, Indigenen und Ordensleuten treiben uns für die Sitzungen der Amazonas-Synode an. Und sie unterstützen uns mit all ihren Worten, Taten und Gedanken: "Wir beten für euch!" Darum hat Franziskus übrigens nicht nur bei seinem ersten denkwürdigen Auftritt als frisch gewählter Papst gebeten. Jeder Brief und Antrag, den er an uns, das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, geschrieben hat, endete mit dem Satz: "Betet für mich."

Lautstarke Anfeuerung und tiefe Spiritualität. Wissenschaftliche Diskussionen und kreative Aktionen. Vom Amazonas her fegt ein frischer Wind des Aufbruchs durch den Vatikan. Wir erleben es hier jeden Tag rund um die Synoden-Aula: Papst Franziskus hat die Türen geöffnet. Denn er will ja eine Kirche, die aus der Sakristei herausgeht (Iglesia en salida), so wie schon Papst Johannes XXIII. mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils ein Fenster geöffnet hat. Der Papst, der – allerdings nur aus zentralistischer römischer Sicht – vom Ende der Welt berufen wurde, hat die Menschen Amazoniens zu einer weltkirchlich bedeutenden Synode in den Vatikan eingeladen. Gekommen sind Indigene mit ihrer Art im Einklang mit der Schöpfung zu leben. Gekommen sind Frauen mit ihrem Engagement für eine Kirche, die ihren Einsatz bis heute viel zu wenig würdigt. Gekommen sind Christinnen und Christen, Priester, Ordensleute und Bischöfe, die neue Wege für eine zukunftsfähige, lebendige Kirche gehen.

"Schluss-Dokument" als Anfang

Unter dem Motto "Amazonia: Casa Comun" (Gemeinsames Haus Amazonien) sind in der Kirche Santa Maria in Traspontina, dem Jugendzentrum San Lorenzo und an weiteren Orten in der Nähe des Vatikans jeden Tag Ausstellungen über Leben und Spiritualität im Amazonasgebiet aber auch die vielfältigen Bedrohungen der Natur und der Menschen zu sehen. In Diskussionsrunden wird sich ausgetausch, wie die Lunge der Erde geschützt werden kann, wie das Leben der indigenen Völker unsere Gesellschaften und unsere Kirche bereichern kann. Und es wird diskutiert, wie es nach der Amazonien-Synode, diesem weltkirchlichen Aufbruch weitergeht. Der Begriff "Schluss-Dokument" für das Papier, das wir in dieser dritten Synoden-Woche beraten, ist irreführend. Am Ende der Synode steht hoffentlich ein "Anfangs-Dokument". Es sollen ja neue Prozesse angestossen werden, sodass wir neue Wege betreten, wie es auch der Titel der Amazonas-Synode besagt.

Die Synode ist der Aufbruch, die kulturelle und spirituelle Viefalt in weltkirchlicher Einheit zu leben. Die Synode ist der Aufbruch, der weltweiten sozio-ökologischen Krise mit einer integralen Ökologie zu begenen, wie sie von vielen kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Gruppen gefordert wird. Die Synode ist der Aufbruch, hierchisch festgefahrene Strukturen duch lebendige Netzwerke aufzubrechen. Das kirchliche Amazonas-Netzwerk Repam (Red Eclesial PanAmazonica) hat uns mit der Vorbereitung und Begeleitung der Synode neuen Wein in neuen Schläuchen präsentiert. Umso wichtiger, dass auch wir in Europa nicht länger neue Ideen an alten Strukturen scheitern lassen. Ein euorpäisches Netzwerk nach dem Vorbild von Repam könnte Kirchen, Organisationen und Intiativen dabei einen, gemeinsam die dringend notwendigen kirchlichen und gesellschaftlichen Veränderungen anzustoßen. Nutzen wir den frischen Wind!

Von Pater Michael Heinz SVD

Der Autor

Pater Michael Heinz SVD ist Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat.