Nach der Amazonas-Synode

Theologe Tück: Papst wird kaum umhin können, den Zölibat zu lockern

Veröffentlicht am 29.10.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Im Vordergrund ein Priester mit Kollarkragen und im Hintergrund eine Frau.
Bild: © KNA

Wien ‐ Als "hoch innovativ" beurteilt der Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück den Verlauf der Amazonas-Synode. Franziskus stehe nun unter Zugzwang, "viri probati" als Priester zuzulassen. Auch der Weg dahin ist für Tück schon klar.

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Der Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück sieht Papst Franziskus nach den Empfehlungen der Amazonas-Synode im Vatikan in Zugzwang. "Will er nicht als Papst der Ankündigungen in die Geschichte eingehen", müsse er wohl den Weg für die Weihe verheirateter "bewährter Männer" freimachen, sagte Tück am Montag der Presseagentur Kathpress.

Tück: Synode war "hoch innovativ"

Der Weg dafür dürfte nach Einschätzung des renommierten Theologen über die Einführung des Amtes des ständigen verheirateten Diakons laufen. Dies habe bereits das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) vorgesehen; es sei aber bislang von den Bischöfen der Amazonas-Region nicht hinreichend umgesetzt worden. So könnten diese Diakone ein "Reservoir" für die spätere Weihe sogenannter Viri probati bilden.

Tück würdigte das Abschlussdokument und den Verlauf der Synode auch vor dem Hintergrund der jüngeren Kirchengeschichte als "hoch innovativ". Papst Paul VI. (1963-1978) habe das Thema der Viri probati noch der Diskussion des Konzils entzogen. Auch seine Nachfolger Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013) hätten gemeinsam mit den nachkonziliaren Bischofssynoden eine Änderung der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt entschieden abgelehnt.

Bild: ©Institut für Dogmatik 2017, Wien

Jan-Heiner Tück ist lehrt seit 2009 als Theologe an der Universität Wien.

Nun habe Franziskus selbst die Synodenväter angeregt, "mutige Vorschläge" zu machen, um der pastoralen Not in Amazonien zu begegnen und auch den missionarisch erfolgreichen Pfingst- und Freikirchen etwas entgegensetzen zu können. Erstmals sei offen und ohne kuriale Vorgaben über das Thema diskutiert worden. Dabei gehe es nicht um eine schlichte Frontstellung zwischen Viri probati und dem Zölibat, so Tück; sondern darum, "in großer Wertschätzung für den Pflichtzölibat zugleich Perspektiven vor Ort zu eröffnen".

Kritisch zeigte sich Tück mit Blick auf Debatten über einen eigenen regionalen Ritus. Er warnte vor einer teils "unkritischen Verklärung der indigenen Kultur". Eine "synkretistische Vermischung christlicher und naturreligiöser Elemente" gelte es unbedingt zu vermeiden. Eine "Wiederverzauberung der Natur" etwa, wie sie bei der Rede von der "leidenden Mutter Erde" mitschwinge, drohe "einen rational verantwortlichen Zugang zur Welt zu erschweren".

Gefahr von "schismatischen Rissen" in der Weltkirche

Im Mittagsjournal des Radiosenders Österreich 1" (Ö1) mahnte der Dogmatik-Professor zudem "theologische Kreativität" für die Suche nach zeitgemäßen Formen für mehr Frauen in kirchlichen Ämtern an. Es gebe die Gefahr von "schismatischen Rissen" in der Weltkirche. Papst Franziskus halte definitiv am Nein zur Frauenordination in der Spur von Johannes Paul II. fest. Daher brauche es "jenseits der klassischen Amtstheologie Wege, um Freiräume für eine erhöhte weibliche Präsenz in der Kirche zu suchen", so Tück. (KNA)