Der "synodale Weg" – riskant aber alternativlos
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Die Themen des am 1. Advent begonnenen "synodalen Weges" sind gewaltig: Machtverhältnisse in der Kirche, kirchliche Sexualmoral und priesterliche Lebensform sollen auf den Prüfstand ihrer Lebensdienlichkeit gestellt werden. Geschlechtergerechtigkeit soll endlich Einzug nehmen in kirchliches Denken und Leben.
Keines dieser Themen ist neu. Neu ist aber, dass sie nun ernsthaft aufs Tapet kommen und dass ihr verbindendes Moment, die Macht- bzw. die Systemfrage, explizit gestellt wird. Bisherige Antworten überzeugen nicht mehr. Etliche dieser Antworten sind sogar prekär. Sie haben ein System klerikaler Macht befördert und stabilisiert, das, religiös überhöht und externer Kontrolle entzogen, die leibliche, geistige und seelische Integrität von Menschen gefährdet und das Evangelium Jesu Christi verrät. Das weltweite Ausmaß des Schadens, den Gewalt und Verantwortungslosigkeit von Amtsträgern im Leben und Gottvertrauen der Gläubigen angerichtet haben, beginnen wir gerade erst zu erahnen. Ständig kommen neue Fälle ans Licht. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Die kirchliche Erneuerung, zu der der "synodale Weg" der katholischen Kirche in Deutschland beitragen will, betrifft die Innen- und die Außenseite derart prekärer Machtverhältnisse: die Theologie, also den ideellen Unterbau, und die Organisation geistlicher Macht. Das ist ein ambitioniertes Programm. Es verlangt denen, die sich beteiligen wollen, bereits ab, was sie gesamtkirchlich erst initiieren wollen: breite Beteiligung der verschiedenen Perspektiven; vielfältige wissenschaftliche Expertise; einen machtfreien Diskurs; die Fähigkeit, Konflikte auszuhalten und auszutragen; die Bereitschaft zur systemischen Selbstkorrektur; eine konsequente Umsetzung von Beschlüssen und eine transparente Evaluation von Prozess und Ergebnis.
Dass der "synodale Weg" kein Spaziergang werden wird, wenn es zu echten Tiefenbohrungen kommen soll, ist wohl allen Beteiligten klar. Doch diesen Aufbruch von vornherein kleinzureden und kleinzuhalten, indem man an die engen Grenzen des Kirchenrechts erinnert, das der Kirche in Deutschland gegenüber der Weltkirche und den "Laien" gegenüber dem Klerus keine ernstzunehmenden Spielräume lasse, stabilisiert nur weiter, was reformbedürftig erscheint. Der "synodale Weg" kann scheitern. Er kann riesige Enttäuschungen hervorbringen. Doch ihn gar nicht erst zu gehen, wäre fahrlässig. Die Fallhöhe ist groß – der Erneuerungsbedarf aber nicht minder, in der Kirche in Deutschland wie in der Weltkirche.