Das Jahr im chronologischen Rückblick

Vom Weltjugendtag bis zum "synodalen Weg": Das kirchliche Jahr 2019

Veröffentlicht am 16.12.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Amazonas-Synode, Weltjugendtag und der Brand von Notre-Dame auf internationaler Ebene; "synodaler Weg", Kirchenstreik und 72-Stunden-Aktion in Deutschland: 2019 war ein ereignisreiches und von kontroversen Debatten geprägtes Jahr für die katholische Kirche. Katholisch.de blickt zurück.

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22. bis 27. Januar: Weltjugendtag in Panama

"Siehe, ich bin die Magd des Herrn; Mir geschehe, wie du gesagt hast" – unter diesem Leitwort findet Ende Januar der Weltjugendtag in Panama-Stadt statt. Es ist das erste Mal, dass die katholische Weltjugend in Mittelamerika zusammenkommt. Höhepunkte des sechstätigen Treffens sind die Veranstaltungen mit Papst Franziskus – so etwa das traditionelle Abendgebet und der Schlussgottesdienst, an denen laut Schätzungen jeweils mehrere Hunderttausend Gläubige teilnehmen. Der deutsche Jugendbischof Stefan Oster lobt das Treffen zum Abschluss als "Fest der Völkerverständigung". Der nächste Weltjugendtag findet 2022 in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon statt.

3. bis 5. Februar: Papstreise in die Vereinigten Arabischen Emirate

Als erster Papst reist Franziskus Anfang Februar auf die Arabische Halbinsel. Der Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten gilt als historisch für den christlich-islamischen Dialog. Höhepunkte der dreitägigen Reise sind ein interreligiöses Treffen mit führenden Islamvertretern sowie eine Messe, an der rund 120.000 Gläubige teilnehmen. Mit dem Rektor der Kairoer Al-Azhar-Universität, Großimam Ahmad Mohammad Al-Tayyeb, unterzeichnet das Kirchenoberhaupt zudem eine gemeinsame Erklärung zum Thema "Menschliche Brüderlichkeit". Das Dokument ruft zu Solidarität zwischen allen Menschen und zur Wahrung der Menschenrechte auf, verurteilt Hass und Blutvergießen sowie Gewalt, besonders Terrorismus, der Religion instrumentalisiere.

21. bis 24. Februar: Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan

Als Reaktion auf die weltweiten Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche ruft Papst Franziskus Ende Februar die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen und die Oberen von Männer- und Frauenorden in den Vatikan, um über einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen zu beraten. Zu Beginn ruft Franziskus dabei zu konkretem Handeln auf: Die Welt erwarte "nicht nur einfache Verurteilungen, sondern konkrete und wirksame Maßnahmen. Wir müssen konkret werden!" Der Gipfel selbst bleibt dann aber eher unkonkret, gemeinsame Entschlüsse werden bei dem viertägigen Treffen nicht gefasst. Die Reaktionen schwanken deshalb zwischen Lob, Enttäuschung und Kritik. Einig sind sich am Ende aber so gut wie alle Beobachter, dass den Worten im Kampf gegen den Missbrauch möglichst bald Taten folgen müssen.

11. bis 14. März: Vollversammlung der Bischöfe in Lingen

Zwei Wochen nach dem Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan steht auch die Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Lingen ganz im Zeichen des kirchlichen Missbrauchsskandals. Um dem massiven Vertrauensverlust zu begegnen und ein Signal zur Erneuerung der Kirche auszusenden, beschließen die Bischöfe bei dem Treffen mit großer Mehrheit einen "synodalen Weg". Gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sollen dabei die bekannten "heißen Eisen" der Kirche auf den Tisch kommen – etwa die Frage nach der klerikalen Macht, der Zölibat als verpflichtende priesterliche Lebensform und die kirchliche Sexualmoral. Über die genaue Ausgestaltung des "synodalen Wegs" und seine Befugnisse entbrennt in den Monaten nach dem Beschluss von Lingen eine heftige innerkirchliche Debatte, in die sich im Sommer sogar der Papst einschaltet.

Die deutschen Bischöfe
Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Einzug der Kardinäle und Bischöfe zum Eröffnungsgottesdienst zu Beginn der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Sankt Bonifatius in Lingen.

31. März: Michael Gerber neuer Bischof von Fulda

Dreieinhalb Monate nach seiner Ernennung durch Papst Franziskus wird Michael Gerber am 31. März offiziell in sein Amt als Bischof von Fulda eingeführt. Als Nachfolger von Heinz Josef Algermissen ist der 49-Jährige damit auch Gastgeber der Herbst-Vollversammlungen der Deutschen Bischofskonferenz, die immer in Fulda stattfinden. Vor seinem Wechsel nach Fulda war Gerber Weihbischof im Erzbistum Freiburg. In der Deutschen Bischofskonferenz ist er Mitglied der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste sowie der Jugendkommission.

2. April: Nachsynodales Schreiben "Christus vivit" veröffentlicht

Unter dem Titel "Christus vivit" ("Christus lebt") veröffentlicht Papst Franziskus am 2. April sein nachsynodales Schreiben zur Jugendsynode vom Oktober 2018. In dem Papier ermutigt das Kirchenoberhaupt die Jugendlichen in aller Welt zu eigenen Sichtweisen. Zudem mahnt er die Kirche, "Fragen der Jugendlichen in all ihrer Neuheit zuzulassen und die in ihnen liegende Provokation zu begreifen". Die Deutsche Bischofskonferenz und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) würdigen das Schreiben als "Markstein". Es gelte "Einseitigkeiten wie 'konservativ' oder 'progressiv'" zu überwinden und stattdessen die Freude an der Botschaft Jesu zu teilen, erklären der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der BDKJ-Vorsitzende Thomas Andonie.

15. April: Großbrand in der Pariser Kathedrale Notre-Dame

Es ist eine Katastrophe, die weltweit für Entsetzen sorgt: Am Abend des 15. April bricht im Dachstuhl der Pariser Kathedrale Notre-Dame ein verheerendes Feuer aus. Über Stunden kämpfen rund 600 Feuerwehrleute gegen die Flammen, die zwischenzeitlich sogar das gesamte Gebäude bedrohen. Erst am nächsten Morgen kann die Feuerwehr die Flammen vollständig löschen und das Gotteshaus vor der vollständigen Vernichtung retten. Trotzdem sind weite Teile der weltberühmten Kirche zerstört, darunter der hölzerne Dachstuhl aus dem 13. Jahrhundert und der eingestürzte Vierungsturm. Unmittelbar nach dem Brand sagt Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron einen Wiederaufbau der Kathedrale binnen fünf Jahren zu, tausende Menschen – darunter mehrere französische Milliardärsfamilien – kündigen Spendengelder in Millionenhöhe für das Vorhaben an. Bau- und Denkmalschutzexperten bezweifeln jedoch, dass eine schnelle Instandsetzung gelingen kann.

2. Mai: Projektion zur Entwicklung der Zahl der Kirchenmitglieder

Die beiden großen Kirchen in Deutschland werden bis zum Jahr 2060 die Hälfte ihrer Mitglieder und ihrer Finanzkraft verlieren. Das geht aus einer Studie des Freiburger Forschungszentrums Generationenverträge hervor, die die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am 2. Mai veröffentlichen. Wenn die Prognosen zutreffen, werden in 40 Jahren nur noch 29 Prozent der deutschen Bevölkerung einer der großen Kirchen angehören, derzeit sind es noch 54 Prozent. Demnach wird die Zahl der Kirchenmitglieder von 44,8 Millionen im Jahr 2017 bis 2060 auf 22,7 Millionen zurückgehen. Dabei wird die katholische Kirche weniger Mitglieder verlieren als die evangelische. Dies ist auf eine stärkere Zuwanderung von Katholiken aus Ost- und Südeuropa und eine etwas jüngere Altersstruktur zurückzuführen.

11. bis 18. Mai: Kirchenstreik der Initiative "Maria 2.0"

Um ihren Forderungen nach einem Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern, einer konsequenten Aufklärung der Missbrauchsfälle und einer zeitgemäßen Sexualmoral Nachdruck zu verleihen, treten Tausende Katholikinnen Mitte Mai bundesweit eine Woche lang in einen Kirchenstreik. Im Rahmen des von der Gruppierung "Maria 2.0" initiierten Protests betreten die sonst stark kirchlich engagierten Frauen keine Gotteshäuser und verrichten keine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Der Protest löst eine breite Debatte aus und stößt auch auf Kritik – unter anderem bei einigen Bischöfen. Eine Katholikin aus dem Bistum Augsburg ruft zudem die Gegenbewegung "Maria 1.0" ins Leben.

Bild: ©KNA/Andre Zelck

Frauen mit einem Plakat "Erneuert die Kirche" bei einer Mahnwache der Initiative "Maria 2.0" am 12. Mai 2019 vor dem Dom in Münster.

23. bis 26. Mai: 72-Stunden-Aktion der katholischen Jugend

Drei Tage – oder besser: 72 Stunden – engagieren sich Ende Mai mehr als 85.000 Jugendliche in ganz Deutschland für die gute Sache. Bei der zweiten bundesweiten 72-Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) werden rund 3.400 soziale, politische und ökologische Projekte von den Teilnehmern umgesetzt. "So sieht Kirche aus, wenn man junge Menschen machen lässt", kommentiert der BDKJ-Bundesvorsitzende Thomas Andonie die Aktion unter der Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Im November wird die 72-Stunden-Aktion mit dem Medienpreis "Bambi" ausgezeichnet.

19. bis 23. Juni: Evangelischer Kirchentag in Dortmund

Unter dem Leitwort "Was für ein Vertrauen" findet vom 19. bis 23. Juni in Dortmund der 37. Deutsche Evangelische Kirchentag statt. An dem fünftätigen Treffen in der westfälischen Großstadt nehmen insgesamt rund 120.000 Menschen teil. Themen des Kirchentags sind unter anderem der Umgang mit Flüchtlingen, die Globalisierung und Digitalisierung sowie der Klimawandel. Bei der zentralen Eröffnung ruft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem friedlichen Zusammenleben auf und wirbt in Anlehnung an das Motto des Kirchentags dafür, die Zukunft mit Vertrauen zu gestalten.

29. Juni: Brief von Papst Franziskus an die deutschen Katholiken

Mit einem Brief an das "Pilgernde Volk Gottes in Deutschland" schaltet sich Papst Franziskus Ende Juni überraschend in die Diskussion um den "synodalen Weg" der katholischen Kirche in der Bundesrepublik ein. In dem 19-seitigen Schreiben ermutigt der Papst die deutschen Katholiken zu dem geplanten Reformprozess, zugleich setzt er aber auch Grenzen und mahnt die Einheit mit der Weltkirche an. Unter anderem warnt Franziskus davor, die Kirche als Organisation zu verstehen, die man allein über Strukturdebatten, eine bessere Verwaltung und einen perfekten Apparat verändern könne. Bischöfe und Laien in Deutschland bewerten den Brief überwiegend positiv, in den folgenden Wochen entbrennt jedoch eine Debatte über die Konsequenzen des Schreibens.

4. Juli: Rücktritt von Bischof Konrad Zdarsa

Nach neun Jahren als Augsburger Bischof scheidet Konrad Zdarsa am 4. Juli aus seinem Amt. Knapp einen Monat nach seinem 75. Geburtstag nimmt Papst Franziskus das aus Altersgründen eingereichte Rücktrittsgesuch an. Damit ist der Bischofsstuhl der bayerischen Diözese mit ihren knapp 1,3 Millionen Gläubigen vakant; bis zur Wahl eines neuen Bischofs leitet Domdekan Bertram Meier das Bistum als Diözesanadministrator. Der aus Sachsen stammende Zdarsa war 2010 von Görlitz nach Augsburg versetzt worden, um das von einer Führungskrise erschütterte bayerische Bistum wieder zu konsolidieren.

19. Juli: Veröffentlichung der Kirchenstatistik 2018

Wieder einmal muss die Kirche bei der Vorstellung ihrer Jahresstatistik Mitte Juli eine dramatisch hohe Zahl an Kirchenaustritten vermelden. 216.078 sind laut der Statistik im Jahr 2018 in Deutschland aus der Kirche ausgetreten, mehr waren es nur 2014 nach dem Skandal um den damaligen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, spricht von einer "besorgniserregenden" Statistik. Zugleich betont er die Bereitschaft der Bistümer und Gemeinden zur Suche nach neuen Wegen und zum Gespräch: "Wir verstehen, wenn durch Entfremdungsprozesse oder einen großen Vertrauensverlust Misstrauen entstanden ist und Glaubwürdigkeit verspielt wurde."

Papst spricht mit Indigenen bei der Amazonas-Synode
Bild: ©Vatican Media/CNS photo/KNA

Papst Franziskus begrüßt Teilnehmer der Amazonas-Bischofssynode am 8. Oktober 2019 im Vatikan.

23. bis 26. September: Vollversammlung der Bischöfe in Fulda

Der "synodale Weg", den die Bischöfe bei ihrer Tagung im März in Lingen beschlossen hatten, steht Ende September auch im Mittelpunkt der Herbst-Vollversammlung in Fulda. Dabei wird – auch im Lichte der vorangegangenen Debatten mit dem Vatikan – insbesondere die von der Gemeinsamen Konferenz aus Bischöfen und Laien ausgearbeitete Satzung des Reformprozesses diskutiert und schließlich gegen einige Gegenstimmen angenommen. Darüber hinaus sprechen sich die Bischöfe bei der Versammlung auch für eine bessere Entschädigung von Missbrauchsopfern aus, genaue Summen werden in Fulda aber noch nicht beschlossen. Bisher hat die Kirche im Schnitt rund 5.000 Euro an Missbrauchsopfer gezahlt, künftig könnten es – je nachdem, für welches der im Raum stehenden Modelle sich die Bischöfe in den kommenden Monaten entscheiden – bis zu 400.000 Euro sein.

5. Oktober: Konsistorium im Vatikan

Bei einem Gottesdienst im Petersdom nimmt Papst Franziskus am 5. Oktober 13 Männer neu in das Kardinalskollegium auf. Darunter sind der Luxemburger Erzbischof Jean-Claude Hollerich und der kanadische Jesuit Michael Czerny, der die Sektion für Flüchtlings- und Migrationsfragen in der vatikanischen Entwicklungsbehörde leitet. Ein Deutscher ist – wie schon in den Vorjahren – nicht unter den neuen Kardinälen.

6. bis 27. Oktober: Amazonas-Synode im Vatikan

Drei Wochen lang richten sich die Augen der Weltkirche im Oktober auf das Amazonasgebiet. Unter dem Motto "Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie" beraten Bischöfe, Ordensleute, Vertreter von Indigenen und Experten bei einer Synode im Vatikan über Reformen des kirchlichen Lebens, seelsorgliche Herausforderungen und die ökologischen und sozialen Folgen des Raubbaus in der ressourcenreichen Region. Im Schlussdokument spricht sich eine Mehrheit der Synodenväter unter anderem dafür aus, in entlegenen Gemeinden des Amazonasgebiets, die besonders unter dem Priestermangel leiden, auch verheiratete Männer als Priester zuzulassen; eine allgemeine Aufhebung des Zölibats ist damit aber nicht verbunden. Zur Zulassung von Frauen zum Diakonat hält das Dokument fest, dass dies in den Beratungen mehrfach gefordert worden war. Der Text enthält den Wunsch, mit einer vom Papst im Jahr 2016 eingesetzten Kommission zum Frauendiakonat in Austausch zu treten. Begleitet wird die Synode von scharfer Polemik konservativer Katholiken gegen indigene Riten, die im vermeintlichen "Pachamama"-Skandal gipfelt.

1. Dezember: Offizieller Start des "synodalen Wegs"

Mit Gottesdiensten in vielen Bischofskirchen wird am ersten Advent der "synodale Weg" der katholischen Kirche in Deutschland offiziell eröffnet. Zum Auftakt des Reformprozesses entzünden der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Karin Kortmann, im Münchner Liebfrauendom gemeinsam eine Synodalkerze. In seiner Predigt wirbt der Münchner Erzbischof darum, bei dem Prozess aufeinander zu hören und auch bei unterschiedlichen Meinungen zur Einmütigkeit zu finden. "Nach der schrecklichen Erfahrung, dass sexueller Missbrauch in der Kirche stattgefunden hat", gelte es nun, "Gefährdungen systemischer Natur" anzuschauen, etwa "falsche Herrschaftsorganisationen". Die inhaltlichen Beratungen des "synodalen Wegs" beginnen am 30. Januar 2020 mit der ersten Synodalversammlung in Frankfurt.

Von Steffen Zimmermann