Berlins Oberhirte besucht vor Weihnachten "Helden des Alltags"

Durch die Nacht mit Erzbischof Heiner Koch

Veröffentlicht am 23.12.2019 um 13:01 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Bei einer "Nacht des Dankes" hat Berlins Erzbischof Heiner Koch Menschen besucht, die rund um die Uhr für andere da sind – auch während der Weihnachtsfeiertage. Koch dankte bei seiner Tour Feuerwehrleuten, Polizisten und Medizinern für ihren Einsatz. "Sie sorgen dafür, dass wir nachts wohlbehalten schlafen können", so der Oberhirte.

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Das Motto der diesjährigen Weihnachtskampagne des Erzbistums Berlin lautet "Gott kommt. Mitten ins Leben". Doch wäre "Erzbischof Koch kommt. Mitten in der Nacht." auch nicht unpassend gewesen. Denn kurz vor dem Weihnachtsfest startet der Berliner Oberhirte um 2:30 Uhr von seiner Wohnung im Stadtteil Lichterfelde aus auf eine Tour quer durch Berlin. Sein Ziel: Menschen persönlich Danke zu sagen, die auch an den bevorstehenden Feiertagen rund um die Uhr für andere da sind.

Die "Nacht des Dankes", die sich eine Gruppe von Mitarbeitern aus dem Erzbischöflichen Ordinariat ausgedacht hat, führt Koch in einem gelben Boni-Bus zu vier verschiedenen Stationen in der Bundeshauptstadt: zur Leitstelle der Berliner Feuerwehr, zur Polizeistation am berühmt-berüchtigten Alexanderplatz, zur Notaufnahme des Unfallklinikums Marzahn und zur Notunterkunft "Evas Obdach" im katholischen Bernhard-Lichtenberg-Haus.

Ein Dank für die "Helden des Alltags"

"Der liebe Gott schläft auch nie" – so begründet Koch mit einem Augenzwinkern seine nächtliche Reise, bei der er von katholisch.de begleitet wird. Tatsächlich aber ist die ungewöhnliche Uhrzeit von den Organisatoren ganz bewusst gewählt worden. "Wir wollen Berufsgruppen aufsuchen, die ungewöhnliche Arbeitszeiten haben, oft weitgehend im 'Verborgenen' arbeiten und im Advent und an den Weihnachtsfeiertagen besonders gefordert sind", erklärt Mitorganisator Johannes Rogge. Dazu gehöre auch, den Dank an diese "Helden des Alltags" nicht erst bequem am Vormittag oder Mittag zu überbringen, sondern selbst ein Gefühl für die physischen und psychischen Herausforderungen eines Nachtdienstes zu bekommen.

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So etwa in der Feuerwehr-Leitstelle im Stadtteil Charlottenburg. Hier, in einem turnhallengroßen Raum voller Computerbildschirme und Telefone, laufen auch nachts ohne Pause Notrufe aus ganz Berlin auf – darunter Brände und schwere Verkehrsunfälle. In der Nachtschicht werden die Anrufe jeweils von etwa einem Dutzend Feuerwehrmännern und -frauen entgegengenommen. Ihnen serviert der Erzbischof bei seinem Besuch um 3:30 Uhr mitgebrachten Kaffee und Weihnachtskekse. "Wir sind heute hierhergekommen, um Danke zu sagen für das, was sie für uns alle leisten. Sie sorgen dafür, dass wir nachts wohlbehalten schlafen können", sagt Koch im Gespräch mit den Mitarbeitern – und erntet dankbare Blicke. "Der Besuch ist eine nette Geste. Wir freuen uns sehr, dass unsere Arbeit auf diese Weise anerkannt wird", fasst Schichtleiter Uwe Kromm die Gefühle seiner Kollegen zusammen.

Im Gespräch mit den Feuerwehrleuten erfährt Koch etwa, dass nicht alle Menschen, die den Notruf wählen, tatsächlich einen Notfall haben. Viele hätten auch eher seelsorgerische Anliegen, die Anrufer bräuchten mitunter einfach jemanden zum Reden. Der Erzbischof informiert sich zudem über die Gestaltung der Dienstpläne. Nicht nur an den Feiertagen sei es für die Mitarbeiter teilweise schwierig, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.

Weihnachtliche Lieder auf dem rauen Pflaster des Alexanderplatzes

Positive Reaktionen löst Kochs Visite um 4:20 Uhr auch bei den drei diensthabenden Polizisten am Alexanderplatz aus. Die dortige Wache wurde vor zwei Jahren errichtet, um der ausufernden Kriminalität auf dem weltberühmten Platz im östlichen Zentrum Berlins Herr zu werden – bislang jedoch mit überschaubarem Erfolg. Das erlebt auch der Erzbischof hautnah. Sein Besuch in der Wache, die derzeit von den Buden eines Weihnachtsmarktes umstellt ist, verzögert sich zunächst, weil die Beamten erst noch mit ein paar Delinquenten fertig werden müssen.

Umso mehr freuen sich Polizeimeister Phillip Hohenmeister und seine beiden Kollegen danach über den ungewöhnlichen, im Vorfeld aber ordnungsgemäß angemeldeten Besuch. "Das ist schon eine nette Abwechslung zur Klientel, die wir sonst oft hier erleben", betont Hohenberger. Auch ihm schenkt Koch Kaffee ein und überreicht einen Präsentkorb für die später am Tag kommenden Kollegen. Während der Erzbischof sich danach die Arbeit der Beamten erklären lässt, spielt eine dreiköpfige Band weihnachtliche Lieder – ungewohnte Klänge auf dem sonst so rauen Pflaster des Alexanderplatzes.

Bild: ©katholisch.de/stz

Erzbischof Heiner Koch im Gespräch mit Mitarbeiterinnen der Leitstelle der Berliner Feuerwehr.

Noch einmal einen ganz anderen Einblick bekommt Koch anschließend im Unfallklinikum Marzahn. Die berufsgenossenschaftliche Unfallklinik im Berliner Osten dient vorrangig der Behandlung von Unfallverletzten und Notfallpatienten aus Berlin und Brandenburg sowie von Schwerbrandverletzten aus ganz Deutschland. In der Rettungsstelle der Klinik geht es auch nachts und an Weihnachten mitunter um Leben und Tod. Kochs Kaffee und Kekse sind da eine willkommene Unterbrechung und werden von den anwesenden Ärzten und Pflegern dankbar angenommen.

"Mit Empathie und Herz für andere im Einsatz"

Die letzte Station der Reise ist schließlich die vom Sozialdienst katholischer Frauen betriebene Notunterkunft "Evas Obdach". Hier können Frauen in Not übernachten und auf Wunsch Beratung bei Sozialarbeiterinnen in Anspruch nehmen. Im Aufenthaltsraum der Einrichtung lädt Koch Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen zum Frühstück ein, die Brötchen hat er zuvor bei einem Bäcker um die Ecke gekauft.

Am Ende der Nacht, als hinter dem Bernhard-Lichtenberg-Haus langsam die Sonne aufgeht, zeigt sich Koch von den Erfahrungen seines nächtlichen Ausflugs tief beeindruckt: "Mir sind Menschen begegnet, die mit großer Freude ihren mitunter schweren Dienst tun – und auch mit sehr viel Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Wachheit. Das sind adventliche Menschen." Er glaube, es tue allen Menschen gut, wahrzunehmen, dass solch ein Engagement unter teilweise schwierigen Bedingungen alles andere als selbstverständlich sei. "Es ist doch nicht selbstverständlich, dass sich Menschen so fachkundig, engagiert, persönlich und mit so viel Empathie und Herz Nacht für Nacht, Tag für Tag zur Verfügung stellen und ihren Dienst leisten. Man nimmt vieles für selbstverständlich hin, was nicht selbstverständlich ist."

Von Steffen Zimmermann