Warum eine 26-Jährige als Pfarrhaushälterin arbeitet
Kellnern, Babysitten, Pizzen ausliefern: Es gibt viele typische Jobs, mit denen sich Studenten etwas neben dem Studium dazu verdienen wollen. Sabrina Sonntag (Pseudonym) studiert feministische Literaturwissenschaft. Doch ihr Job ist alles andere als klassisch: Denn sie arbeitet als Pfarrhaushälterin – und wohnt mit dem Pfarrer unter einem Dach.
Zusammenwohnen mit einem Priester? "Das ist ein ganz normaler Mensch", sagt die 26-Jährige und lacht. Für sie ist es normal, im Pfarrhaus zu leben. "Das ist wie in einer WG." Einen großen Unterschied merke sie nicht; ab und an schauten sie sogar gemeinsam einen Film. Auch wenn die Reaktionen ihrer Freunde zunächst erschrocken waren, sie selbst findet, dass ihre Arbeit als Pfarrhaushälterin "der perfekte Studenten-Job ist. Man kann ja putzen, wann man möchte." Zwar gebe es feste Zeiten für Mahlzeiten, aber die Putz- und Wäschearbeit könne man sich "rumschieben, wie man möchte".
Früher Theologie studiert
Das ist ein entscheidender Punkt, denn nachdem Sonntag zunächst Theologie und Germanistik auf Lehramt studiert hat und merkte, dass sie doch etwas anderes machen möchte, entschied sie sich für ein Master-Studium an einer Fernuniversität in England. Das Studium der feministischen Literaturwissenschaft ist nicht nur zeitaufreibend, sondern auch eine "recht teure Angelegenheit", erklärt Sonntag. Vorherige Jobs, wie einmal in der Woche im Buchladen arbeiten, reichten da nicht aus. Deswegen musste ein Job her, der ihr neben Flexibilität auch eine Vollzeitbeschäftigung bietet, um genug Geld einzubringen.
Zufällig erfuhr sie, dass ihr Heimatpfarrer die Pfarrei wechselt. "Der kannte mich schon von Kindesbeinen an", erklärt Sonntag. Sie fragte, ob er noch eine Pfarrhaushälterin brauchte und hatte Erfolg. Seit 2017, das Jahr, in dem auch ihr neues Studium begann, lebt und arbeitet sie in einem Pfarrhaus in der Nähe von Regensburg. Ihre Aufgaben setzen sich aus dem zusammen, was in jedem üblichen Haushalt ansteht: Putzen, staubwischen, Wäsche machen, kochen, einkaufen.
Feminismus und die Arbeit als Haushälterin: Versteht sich das? Sonntag berichtet davon, dass Menschen darauf oft mit Unverständnis reagieren. Doch viele würden nicht verstehen, dass Feminismus nicht "auf Biegen und Brechen" versuche, alles zu verdrängen, was als weiblich oder Frauenarbeit abgestempelt werde. Vielmehr gehe es darum, "die Wahl zu haben und zu sagen: Es ist zwar stereotyp weibliche Arbeit, aber mir macht es Spaß, solange es mir nicht übergestülpt wird. Das ist mit Feminismus zu vereinbaren."
Auch mit der Theologie lasse sich Feminismus verbinden, sagt die Studentin: "Gott hat uns geschaffen als Mann und Frau. Wir sind natürlich ebenbürtig und beide als sein Ebenbild geschaffen. Er hat nicht den Mann über die Frau gestellt." Es war Sonntag wichtig, die Theologie weiter fortzuführen, wenn auch als Hobby. Und das, obwohl sie aus einer eher atheistischen Familie stammt, in der der Glaube weniger relevant war. "Es war – das muss man wirklich so sagen – pubertäre Rebellion: einfach mal etwas anderes machen als die Eltern." Sie beschäftigte sich mit dem Glauben und merkte, wie wichtig es ihr für ihr Leben wurde, die Anwesenheit Gottes zu spüren. Doch das reichte ihr nicht. Die 26-Jährige wollte den Glauben nicht nur praktizieren, sondern tiefgehender verstehen – auch, um es anderen Menschen erklären zu können.
Berufe in der Kirche
Ob Pfarrer oder Pastoralreferent, Küster oder Kirchenmusiker: Die Berufe in der Kirche sind vielfältig – und angesichts von immer größeren Pfarreien und zurückgehenden Priesterzahlen stehen sie vor großen Herausforderungen. In unserem Dossier stellen wir die einzelnen Berufsbilder vor.Deshalb übernimmt sie über ihre Arbeit als Pfarrhaushälterin hinaus andere Aufgaben, gestaltet Erstkommunionvorbereitungen oder Gottesdienste mit. Es mache ihr Spaß, mit Kindern Gott zu entdecken. Sie versuche, es ihnen auf kindgerechte und sensible Art zu vermitteln, damit "sie es verstehen können, dass sie Spaß daran finden und dass sie irgendwie hineinwachsen". Denn viele Kinder hätten keinen Zugang mehr zum Glauben, findet sie. "Für die ist das teilweise eine fremde Welt." Besonders Spaß mache es ihr, Predigten für Wortgottesdienste zu schreiben.
Bleibt sie im Pfarrhaus?
Ihr Dasein als Pfarrhaushälterin schwingt zusätzlich in ihrem Buch mit, das sie kürzlich veröffentlichte. Im Roman "Schwein gehabt, sagt die Liebe" erhält die Protagonistin Rat von einem Pfarrer. Steckt da auch etwas von ihrem Heimatpfarrer mit drin? "Ich kriege von meinem Chef sehr viel Unterstützung", sagt Sonntag. In jeder Lebenslage könne sie sich auf einen Rat von ihm verlassen. Was der Liebes-Roman vor allem thematisiert, ist der Umwelt- und Tierschutz, wie die Menschen also mit Gottes Schöpfung umgehen: "Nehmen wir sie als Geschenk wahr und beschützen sie? Oder tun wir so, als wären sie schon immer unser Eigen gewesen und beuten sie aus?" Für sie seien das Themen, die mit dem Glauben zusammenhängen.
In wenigen Monaten ist Sabrina Sonntag fertig mit ihrem Studium. Dann möchte sie schauen, was auf sie zukommt. In Zukunft möchte sie weiterhin mit Menschen arbeiten. Eventuell möchte sie ihren Doktor in der Literaturwissenschaft machen. Dann würde sie weiterhin im Pfarrhaus bleiben, sagt sie.