Das Flüchtlingsschicksal der Heiligen Familie nicht pathetisch aktualisieren
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Zu Weihnachten habe ich einen Wunsch, der die öffentliche Debatte betrifft. Ich wünsche mir etwas weniger Politik mit dem Mitgefühl, ich wünsche mir weniger Wettlauf um den humanitärsten Vorschlag, weniger Tränendrüse, dafür mehr konkrete, große und kleine - vielleicht sogar unscheinbare - Hilfe. Und ich wünsche mir für die Festtage weniger Predigten, die mit dem Flüchtlingsschicksal der Heiligen Familie nur eine schlicht-pathetische Aktualisierung vollziehen, in dem sie quasi von der Krippe direkt umschalten auf das Elend in den griechischen Flüchtlingslagern. "Holt als erstes die Kinder raus", erklärt Robert Habeck (Grüne). "Viele Mädchen, viele zerbrechliche kleine Menschen." Wer will da noch etwas entgegnen? Rausholen! Rausholen würde ich gerne auch noch die Kinder aus dem Südsudan, aus den Rohingya-Lagern in Bangladesch, aus dem Kriegsgebieten des Jemen… - aber wie ungerecht und wirkungslos ist ein derartiges Aufrechnen des Leids.
Nun ist natürlich nach dem Habeck-Vorschlag gleich wieder eine Debatte entbrannt. Das Bundesinnenministerium weist auf die 1,6 Millionen Euro Soforthilfe für Griechenland hin. Innen-Staatssekretär Günter Krings (CDU) erklärt das Selbstverständliche: "Das Ziel muss sein, dass die Lage für alle Asylbewerber in Griechenland schnellstmöglich verbessert wird." Doch das klingt lange nicht so mitfühlend wie bei Habeck.
Natürlich hilft es den Menschen auf der Flucht konkret auch nicht, wenn auf Schlepper hingewiesen wird, auf das offenbar nicht funktionierende EU-Türkei-Abkommen, darauf, dass Pakistan und Afghanistan sich nicht im Bürgerkrieg befinden (aus den Ländern kommen die meisten Migranten derzeit) - oder auf die Weltpolitik. Das alles hilft nicht. Aber es hilft eben auch nicht, nur den Trigger "Flüchtlinge nach Deutschland holen" zu benutzen, um die Debatte zu befeuern. Vielleicht können wir versuchen, die andauernde Krise und die anstehende neue Flüchtlingsdebatte anders zu führen, ohne die alten bekannten Roten Knöpfe zu drücken. Am Ende braucht es ein abgestimmtes Konzept, das konkret vor Ort hilft, dass Schlepper bekämpft und natürlich auch Aufnahmekontingente ermöglicht. Ein frommer Wunsch?