Weil Grundlagen fehlen: Es braucht eine neue Art Theologie zu lehren
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Auch wenn über viele Themen in der Kirche gestritten wird, herrscht in einem Punkt Einigkeit: Man kann heute nicht mehr von einer kirchlichen Sozialisation ausgehen. Längst gilt es als Selbstverständlichkeit, in der Seelsorge möglichst niederschwellige Angebote zu konzipieren, zu denen Menschen so kommen können, wie sie sind. Wenn Paare kirchlich heiraten möchten, geht das Pastoralteam im Idealfall nicht mehr davon aus, dass sie wissen, was das Sakrament der Ehe ist, sondern bemüht sich um eine adressatensensible Einführung.
Ein Bereich scheint von dieser Entwicklung jedoch gänzlich unberührt zu sein: die universitäre Theologie. Sie setzt weiterhin voraus, dass die Studierenden kirchlich sozialisiert sind, eigene Glaubenserfahrungen mitbringen und mindestens eine ungefähre Ahnung davon haben, was im Katechismus steht. Daher besteht ein Großteil der Lehre darin, die Kirche zu kritisieren, Glaubenserfahrungen zu hinterfragen und den Katechismus als inkonsequent darzustellen.
Anders als noch in den 60er- und 70er-Jahren, in denen diese Art der Theologie von den kirchlich geprägten Studierenden als anregend empfunden wurde, um ihre mitgebrachten Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen, führt dies in der heutigen Zeit zu einem Paradox. Die Studierenden kennen den Stand der Dinge schlicht nicht mehr. Nur die Kritik, aber nicht mehr den positiven Inhalt (und möglicherweise sogar dessen Sinnhaftigkeit) der kirchlichen Lehre zu kennen, führt notwendigerweise zu einer Schieflage. Eines von vielen selbst erlebten Beispielen: Auch fortgeschrittene Studierende kommen einfach nicht auf den Unterschied zwischen dem evangelischen Abendmahl und der katholischen Eucharistie, plädieren aber leidenschaftlich für eine ökumenische Praxis.
Freilich kann es nicht die Aufgabe der Theologie sein, die mangelnde kirchliche Sozialisierung nachzuholen. Etwas mehr Sensibilität und eine entsprechende Anpassung des Inhalts wären jedoch wünschenswert, damit das herauskommen kann, was sich universitäre Theologinnen und Theologen eigentlich immer wünschen: differenzierte Urteile auf einer vernünftigen Wissensbasis.