Bundestag: Organspende weiter nur nach Zustimmung – Kirche erleichtert
Der Bundestag hat sich gegen eine radikale Wende bei der Organspende ausgesprochen. Auch künftig bleibt die ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen Voraussetzung für eine Organentnahme. Bei der Abstimmung am Donnerstag war der Fraktionszwang aufgehoben. Den Abgeordneten lagen zwei konkurrierende Gesetzentwürfe vor; beide Initiativen verfolgen das Ziel, die in Deutschland niedrige Zahl an Organspendern zu erhöhen.
Mit 432 Abgeordneten sprach sich eine deutliche Mehrheit für den Entwurf einer Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Linken-Chefin Katja Kipping aus. Dagegen stimmten 200. Zentral für die "erweiterte Entscheidungsregelung" ist, dass eine Organentnahme nur möglich ist, wenn der Spender zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Bürger sollen aber künftig verstärkt auf Organspende angesprochen werden, beispielsweise bei der Beantragung des Personalausweises sowie beim Arzt. In einem Online-Register soll jeder Bürger seine Haltung zur Organspende dokumentieren und jederzeit ändern können.
Parlament lehnt Spahn-Lauterbach-Plan für Widerspruchslösung ab
Zuvor hatte das Parlament die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach geforderte Widerspruchslösung mit 379 gegen 292 Stimmen abgelehnt. Nach ihrem Willen sollte jede Person ab 16 Jahren automatisch als Organspender gelten – es sei denn, sie hat dem zuvor ausdrücklich widersprochen. Derzeit befinden sich mehr als 9.000 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Im vergangenen Jahr spendeten 932 Menschen nach ihrem Tod Organe. Das waren 23 weniger als im Vorjahr. Ihnen wurden 2.995 Organe entnommen.
Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßte die Entscheidung des Parlaments. "Wir glauben, dass das heute beschlossene Gesetz geeignet ist, die erfreulich große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung praktikabel und nachhaltig in eine individuelle Bereitschaft zur Organspende zu überführen", teilte die Konferenz in Bonn mit. Das Gesetz gewähre weiterhin eine möglichst große Entscheidungsfreiheit bei der Organspende und treffe dennoch Maßnahmen, damit sich die Menschen verstärkt mit der Frage der Organspende befassten. Die Verabschiedung des Gesetzes setze zudem ein wichtiges Zeichen für den Erhalt und Schutz grundlegender ethischer und grundrechtlicher Prinzipien, "auf denen das Wertefundament unserer Gesellschaft fußt".
kfd erleichtert über Entscheidung des Parlaments
Auch die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) zeigte sich erleichtert über die Entscheidung des Parlaments. Diese stärke die Würde und Wertigkeit des Lebens des Einzelnen bis in den Tod hinein. Für manche Menschen schließe ein würdevoller Tod eine Organspende unmittelbar nach dem Eintreten des Hirntodes aus. Dies werde durch die Entscheidung des Bundestags anerkennt.
"Organspende ist ein Akt der Freiwilligkeit und Nächstenliebe, mit dem ich noch im Tod einem anderen Menschen Leben schenken kann. Dabei kann das im Gesetz vorgesehene Register helfen, denn es dokumentiert zuverlässiger als eine mitgeführte Karte das Ja oder Nein zur Organspende", sagte die stellvertretende kfd-Bundesvorsitzende Agnes Wuckelt. Zusammen mit den im Vorjahr beschlossenen Änderungen im Transplantationsgesetz scheine nun ein guter Weg gefunden zu sein. Die vom Parlament abgelehnte Widerspruchslösung hätte aus Sicht der kfd das Risiko beinhaltet, dass Menschen mit unzureichenden Sprachkenntnissen oder geringeren Möglichkeiten der Information und Teilhabe unfreiwillig zu Organspendern hätten werden könnten (stz/KNA)