Ex-Personalchef räumt Fehler bei Missbrauch im Erzbistum Köln ein
Ein ehemaliger Personalchef des Erzbistums Köln wirft früheren Verantwortlichen und sich selbst einen zu laxen Umgang mit Missbrauchstätern vor. "Ich hätte mich stärker dafür einsetzen müssen, dass wir viel strikter und konsequenter gegen diese Täter vorgehen", sagte der ehemalige Domkapitular Robert Kümpel (79) im Interview der Kölner Kirchenzeitung und des bistumseigenen Internetportals domradio.de (Mittwoch). Im Rückblick mache er sich heute diesen Vorwurf.
"Ich denke, dass wir in vielen Punkten anders hätten handeln können", fügte Kümpel hinzu. Er war von 1984 bis 1996 Personalchef des Erzbistums, später Regens im Priesterseminar und zeitweise auch Ansprechpartner für Betroffene von sexuellem Missbrauch. Als Personalchef habe er "keine zehn Fälle von sexuellem Missbrauch durch Priester erlebt", so der Geistliche. Damit befasst gewesen sei die Personalkonferenz. Dem Gremium gehören der Erzbischof, die Weihbischöfe, der Generalvikar und weitere Verantwortliche an.
Nach Bekanntwerden eines Falls sei ein Priester üblicherweise "sofort aus dem Dienst herausgenommen" und "ausnahmslos zu einem namhaften Psychotherapeuten geschickt" worden. Dieser habe begutachtet, "ob und, wenn ja, wie und wo ein zukünftiger Einsatz möglich sein könnte", so Kümpel. "Das wurde dann sehr genau überlegt." Die Perspektive der Opfer habe damals noch keine so große Rolle gespielt wie heute, sagte der frühere Personalchef. Der Vorwurf, die Kirche habe nur den Schutz des eigenen Systems im Blick gehabt, sei aber zu einseitig. "Wir haben bei unseren Entscheidungen damals schon darauf geschaut, dass möglichst keine weiteren Schäden passierten. Aber ich gebe zu, das war nicht konsequent genug."
Der geheime Schrank
Zweimal hat Kümpel nach eigenen Worten vorgeschlagen, die Täter in den Ruhestand zu versetzen: "Das brachte mir damals ein nachsichtiges Lächeln meiner Kollegen ein." Der Prälat sagte, dies wäre aber ein Signal an alle möglichen Täter gewesen, dass die Autoritäten der Kirche konsequent reagierten. "Solche Zeichen wären damals wichtig gewesen", so Kümpel.
Nach Angaben des Geistlichen haben die Verantwortlichen versucht, die Fälle "mit dem gesunden Menschenverstand" zu behandeln. Die Personalaktenführung sei fehlerhaft gewesen; über nicht jede einzelne Entscheidung und ihre Begründung seien Aktennotizen geschrieben worden. Die Akten zu den Fällen seien in einem geheimen Schrank untergebracht worden, um den Zugang auf wenige Personen zu beschränken. Nicht immer seien die Akten nach den vorgeschriebenen zehn Jahren vernichtet worden. Heute halte er es für wichtig, solche Akten gar nicht zu vernichten.
Laut Kümpel hat das Erzbistum in den Fällen lange Jahre keine kirchenrechtlichen Strafprozesse initiiert. Die Verantwortlichen hätten sich bemüht, diese auf Verwaltungsebene zu lösen, etwa indem der Bischof beschuldigte Priester suspendiert oder in den Ruhestand versetzt habe. Das Erzbistum Köln lässt derzeit von einer Münchner Anwaltskanzlei die Personalakten untersuchen. Neben der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen geht es um die Verantwortung damaliger und heutiger Personalchefs, Generalvikare und Bischöfe. Die Veröffentlichung der Ergebnisse ist für März angekündigt. (KNA)