Bischof Jung: Kardinal Müllers Vergleich "sehr fehl am Platz"
Der Würzburger Bischof Franz Jung kritisiert Kardinal Gerhard Ludwig Müller für dessen Vergleich des Reformdialogs Synodaler Weg mit dem Ermächtigungsgesetz aus dem Jahr 1933. "Der geht besonders schief, weil der Vergleich mit einer totalitären Machtergreifung sehr fehl am Platz ist", sagte Jung am Mittwoch vor Journalisten in Würzburg. Solche Vergleiche seien nicht hilfreich. Dem Synodalen Weg lägen Beschlüsse der Bischofskonferenz zugrunde: "Dann muss man dazu auch stehen."
Zuvor hatte einer der geistlichen Begleiter des Synodalen Wegs, der Münchner Jesuit Bernd Hagenkord, Müllers Vergleich als "vergiftend" und "zerstörerisch" bezeichnet. Wer so etwas tue, "hat entweder keine Ahnung von Geschichte oder handelt mutwillig jegliche Debatte vergiftend", schreibt Hagenkord in seinem Blog. Bei Nazi-Vergleichen von Christen gegen Christen höre es auf: "Das ist nicht konservativ, bewahrend. Das ist zerstörerisch, und das ist das genaue Gegenteil von bewahren." Müllers Aussagen seien geschichtsvergessen und menschenverachtend.
Auch der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer kritisierte die Aussagen des Kardinals. "Der Nazi-Vergleich von Gerhard Ludwig Müller macht auch mich fassungslos", schrieb Pfeffer auf Facebook. "Es reicht wirklich! Das ist nicht mehr Kirche! Das ist vergiftend und zerstörerisch! Und es ist höchste Zeit, laut und deutlich solchen und manch anderen maßlosen und auf übelste Weise beleidigenden Verbalattacken in unserer Kirche zu widersprechen!", so der Generalvikar. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verurteilte Müllers Aussagen ebenfalls. "Es gibt Kritik, die richtet sich selber", sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Sie ist so lebensfern, dass sie nicht ernst genommen werden kann." Mit seinen Einlassungen stelle sich der ehemalige Präfekt der römischen Glaubenskongregation "gegen die große Übereinstimmung der katholischen Gläubigen und die große Mehrheit der bischöflichen Mitbrüder".
"Suizidartiger Prozess"
Der frühere Leiter der vatikanischen Glaubenskongregation hatte die Entscheidungsfindung beim Synodalen Weg mit dem Ermächtigungsgesetz des Deutschen Reichstags 1933 verglichen. "In einem suizidartigen Prozess hat die Mehrheit entschieden, dass ihre Entscheidungen gültig sind, auch wenn sie der katholischen Lehre widersprechen", sagte Müller dem kanadischen Portal LifeSiteNews und bestätigte diese Aussagen später auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Der Kardinal ergänzte wörtlich: "So war es, als die Weimarer Verfassung durch das Ermächtigungsgesetz aufgehoben wurde. Eine selbsternannte Versammlung, die weder von Gott noch von dem Volk autorisiert ist, das sie vertreten soll, hebt die Verfassung der Kirche göttlichen Rechts auf, die auf dem Wort Gottes in Schrift und Überlieferung beruht."
Unter dem Begriff "Ermächtigungsgesetz" wird in diesem Zusammenhang das "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" vom 24. März 1933 verstanden. Damit hatte der gewählte Reichstag der Regierung Adolf Hitlers eine pauschale Befugnis erteilt, ohne Zustimmung von Reichstag und Reichsrat sowie ohne Gegenzeichnung des Reichspräsidenten Gesetze zu erlassen. Letztlich wurde damit einer Zerstörung des Weimarer Verfassungsgefüges der Weg geebnet. (tmg/KNA)