Standpunkt

Die Synodalversammlung und der Abbau von Hierarchien

Veröffentlicht am 10.02.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung sorgte für Erheiterung, trotzdem stimmte die erste Synodalversammlung gegen den Verzicht auf ihre Titel. Andere Maßnahmen galten aber ganz gleich für Bischöfe wie Schülerinnen, kommentiert Julia Knop.

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Bei der ersten Synodalversammlung wurde lang über die Geschäftsordnung debattiert. Das war mühsam, aber nötig. Der letzte Änderungsantrag löste Erheiterung aus: Man möge auf akademische und kirchliche Titel verzichten. Der Antrag fand bei rund 40 Prozent der Synodalen Zustimmung, wurde letztendlich aber abgelehnt. Denn Gesprächskultur kann man nicht verordnen, man muss sie pflegen. Der moderierende Bischof und die Professorin, die sich zum Antrag geäußert hatte, tauschten dann gut gelaunt einen brüderlich-schwesterlichen Gruß. Ihre Titel behielten sie.

Bloß eine Äußerlichkeit? Wohl kaum. Es gibt in der katholischen Kirche immer noch "Mitbrüder" und andere "Schwestern und Brüder". Es gibt immer noch "hochwürdigste" und andere "Damen und Herren". Dass die alphabetische Sitzordnung im Konferenzraum so häufig thematisiert wurde, spricht Bände. Öffentliche Kritik daran gab es kaum, und wenn, dann aus sicherem Gespür für die ästhetische Dimension kirchlicher Macht. Dass in Frankfurt Müller neben Müller saß, egal, ob Müller Priester war oder Schülerin, hat eingeübte Verhaltensweisen und Kommunikationsmuster wohltuend irritiert. Der viel gelobte Freimut der Redebeiträge wurde gewiss auch dadurch befördert. Es ging um die Person und ihre Argumente, nicht um ihre Rolle.

Die andere gute Gepflogenheit der Versammlung: Alle redeten nach denselben Regeln. Nach verabredeter Redezeit läutete beim Ehrenamtler wie beim Bischof die Glocke, wenn er nicht zum Ende kam. Dass die Redezeit bald von drei auf zwei und schließlich eine Minute verkürzt wurde, zeigte den großen Gesprächsbedarf der Synodalen. Wer sich traute, frei zu sprechen statt vorbereitete Texte abzulesen, war doppelt im Vorteil: Er stand mitten in der Debatte statt ihr belehrend gegenüber. Er konnte auf die Vorredner reagieren und lief weniger Gefahr, über sie hinwegzureden. An Stelle vorformulierter 3-Minuten-Texte spontane 60-Sekunden-Statements zu halten, ist natürlich herausfordernd – aber es bringt die Dinge auf den Punkt und das Gespräch in Schwung. Dass man dazu kein Berufsredner sein muss, bewiesen die jungen Leute und die Frauen der Versammlung, die sich engagiert einbrachten und deutlich machten, dass in der Kirche nicht nur Amtsträger etwas zu sagen haben.

Von Julia Knop

Die Autorin

Julia Knop ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.