Nachsynodales Schreiben: Keine Weihe von "viri probati" am Amazonas
Papst Franziskus hat sich im Anschluss an die Amazonas-Synode gegen eine Lockerung des Zölibats entschieden. Eine Weihe verheirateter Männer ("viri probati") für die lateinamerikanischen Region wird im Nachsynodalen Schreiben, das am Mittwoch veröffentlicht wurde, nicht erwähnt. Stattdessen spricht sich der Pontifex für andere Mittel für eine Gewährleistung von Eucharistiefeiern in dem vom Priestermangel besonders betroffenen Gebiet aus.
So ermutigt Franziskus die Bischöfe, "großzügiger zu sein und diejenigen, die eine missionarische Berufung zeigen, dazu zu bewegen, sich für das Amazonasgebiet zu entscheiden". Deren Ausbildung müsse "gründlich" überprüft werden, "damit sie für den Dialog mit den Kulturen des Amazonasgebiets erforderlichen Haltungen und Fähigkeiten erwerben können". Zudem sollen die Oberhirten das Gebet um Priesterberufungen fördern.
Wertschätzung für indigene Kultur am Amazonas
Das Schreiben trägt den Titel "Querida Amazonia" ("Das geliebte Amazonien"). Es umfasst vier Kapitel auf 51 Seiten und ist "an das Volk Gottes und an alle Menschen guten Willens" gerichtet. Der Text ist von einer hohen Wertschätzung der Kultur der indigenen Bevölkerung gekennzeichnet. Themen sind die sozialen und ökologischen Probleme der Region sowie die schwierige pastorale Situation. Dem Schreiben liegen die Ergebnisse der Amazonas-Synode zugrunde, die vom 6. bis zum 27. Oktober 2019 im Vatikan stattfand und über "neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie" im Amazonas-Gebiet. Im Abschlussdokument plädierten die Synodenteilnehmer dafür, unter bestimmten Umständen verheiratete Männer zu Priestern zu weihen.
Der kirchliche Dienst müsse so gestaltet werden, dass er einer größeren Häufigkeit der Eucharistiefeier diene, heißt es weiter. Die Notwendigkeit von Priestern schließe allerdings nicht aus, dass ständige Diakone, Ordensfrauen und Laien "wichtige Verantwortung für das Wachstum der Gemeinschaften übernehmen". Die Kirche müsse nicht nur für mehr geweihte Amtsträger für die Feier der Eucharistie sorgen, sondern auch Laiendienste fördern, "was eine biblische, dogmatische, spirituelle und praktische Ausbildung als auch verschiedene Programme zur Fortbildung voraussetzt". Eine Kirche "mit amazonischen Gesichtszügen" erfordere die Präsenz mit entsprechenden Vollmachten ausgestatteter Laien-Gemeindeleiter, die mit der Kultur vertraut sind "und Raum lassen für die Vielfalt des Glaubens, die der Heilige Geist sät".
Das Dokument im Wortlaut
Nachsynodales Apostolisches Schreiben "Querida Amazonia" von Papst Franziskus.Der Text nimmt auch Bezug auf die Forderungen nach einem Weiheamt für Frauen. Man dürfe das Verständnis von Kirche "nicht auf funktionale Strukturen" reduzieren. "Ein solcher Reduktionismus würde uns zu der Annahme veranlassen, dass den Frauen nur dann ein Status in der Kirche und eine größere Beteiligung eingeräumt würden, wenn sie zu den heiligen Weihen zugelassen würden", schreibt der Papst. Eine derartige Sicht würde jedoch auf eine "Klerikalisierung der Frauen hinlenken und den großen Wert dessen, was sie schon gegeben haben, schmälern". Frauen leisteten "auf ihre eigene Weise" ihren Beitrag, beispielsweise indem sie "die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria" weitergäben. Die "spezifische Macht" der Frauen sei an denen sichtbar geworden, die sich der Gemeinden am Amazonas angenommen und sie somit vor dem Zerfall bewahrt hätten.
Weiter heißt es in dem Schreiben, dass die Beziehung zu Jesus Christus "nicht in einem unversöhnlichen Widerspruch zu dieser ausgesprochen kosmischen Weltanschauung" stehe, die die indigenen Völker am Amazonas kennzeichne. Der Sohn Gottes habe nämlich in seine Person einen Teil des materiellen Universums aufgenommen, "in den er einen Keim der endgültigen Verwandlung hineingelegt hat". Daher sei es auch möglich, sich auf ein indigenes Symbol zu beziehen, ohne dass man dies als "Götzendienst" betrachten müsste, stellt Franziskus klar. "Ein Mythos von spirituellem Sinngehalt kann aufgegriffen und muss nicht immer als heidnischer Irrtum angesehen werden." Am Rande der Amazonas-Synode hatte die Aktion eines österreichischen Aktivisten für Aufsehen gesorgt, der indigene Holzfiguren aus einer Kirche entfernt und in den Tiber geworfen hatte. Er begründete sein Handeln damit, dass "Götzenstatuen" in einem Sakralraum ein sichtbarer Verstoß gegen das Erste Gebot seien. Papst Franziskus wandte sich entschieden gegen die Aktion.
Inkulturation der Liturgie
Die Inkulturation der christlichen Spiritualität in den Kulturen der indigenen Völker dürfe sich auch in der Feier des Gottesdienstes niederschlagen, schreibt Franziskus. "Das erlaubt uns, in der Liturgie viele Elemente der intensiven Naturerfahrung der Indigenen aufzugreifen und eigene Ausdrucksformen in den Liedern, Tänzen, Riten, Gesten und Symbolen anzuregen." Bei der Amazonas-Synode war über die Einführung eines liturgischen Ritus für die Region Amazonien diskutiert worden.
"Querida Amazonia" ist zudem über weite Strecken auch eine Abhandlung über die schwierige Situation der indigenen Bevölkerung Amazoniens und die Ungerechtigkeiten und Verbrechen, die ihr im Laufe der Geschichte widerfahren sind. So heißt es etwa im ersten Kapitel: "Die kolonisatorischen Interessen waren und sind der Grund für eine – legale und illegale – Ausweitung der Holzgewinnung und des Bergbaus; sie haben die indigenen Völker, die Flussanrainer und die afrikanischstämmige Bevölkerung vertrieben oder umringt." Als negative Folgen nennt Franziskus unter anderem die Migrationsbewegungen der Indigenen an die Peripherien der Städte, wo sie oftmals Versklavung, Unterdrückung und Elend ausgesetzt seien, und die Umweltzerstörung in der Region.
"Prophetischer Schrei und mühsamer Einsatz für die Ärmsten"
Konkret greift der Papst in seinem Schreiben nationale und internationale Unternehmen an, die Amazonien Schaden zufügten und die Rechte der ursprünglichen Völker nicht achteten. Wenn Unternehmen "in der Begierde nach schnellem Gewinn" etwa das Trinkwasser privatisierten oder Wälder zerstörten, "dann verändern sich die wirtschaftlichen Beziehungen auf ungerechtfertigte Weise und werden zu einem Instrument, das tötet". Damit auch die Bewohner Amazoniens das "Gute Leben" dauerhaft verwirklichen könnten, sei ein "prophetischer Schrei und mühsamer Einsatz für die Ärmsten" notwendig, so Franziskus. Es gehe darum, Amazonien zu fördern und seinen Bewohnern dabei zu helfen, "das Beste aus sich zu machen".
Wie er sich das "Gute Leben" in Amazonien vorstellt, skizziert Franziskus in vier Visionen, die auch die Struktur des gesamten Schreibens bilden. So träumt das Kirchenoberhaupt etwa von einem Amazonien, das für die Rechte der Ärmsten kämpft, ihre Stimme hört und ihre Würde fördert. Außerdem träumt er davon, dass die Region ihren "charakteristischen kulturellen Reichtum" bewahrt und die "überwältigende Schönheit der Natur" hütet. (mal/stz)