Dazu zählten die Kardinäle Müller und Sarah

Vatikan-Experte: Einsamer Papst ist von Gegnern umgeben

Veröffentlicht am 17.02.2020 um 09:39 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Schon jetzt habe das Strippenziehen begonnen, um einen Franziskus II. zu verhindern: Vatikanjournalist Marco Politi spricht von einem internationalen Netzwerk gegen den Papst und einer drohenden Kirchenspaltung – und er nennt Gegenspieler beim Namen.

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Der Vatikanjournalist Marco Politi hat ein Buch über Papst Franziskus vorgelegt. Demnach stoßen die Reformbemühungen des Papstes auf den erbitterten Widerstand von Teilen der Kirchenführung. Politi spricht in dem 300-seitigen Band drastisch von einer drohenden Kirchenspaltung, von einem "heimlichen Bürgerkrieg" und einem internationalen Netzwerk gegen Franziskus. Als Gegenspieler des Papstes sieht Politi beispielsweise die Kardinäle Gerhard Ludwig Müller und Robert Sarah. Um Franziskus sei es zunehmend einsam geworden, gleichzeitig sei Franziskus kein guter Teamplayer. Das Buch erschien 2019 auf Italienisch und liegt nun beim Freiburger Verlag Herder in einer deutschen Ausgabe vor.

Strippenziehen um Nachfolger

Politi erwartet, dass Franziskus trotz aller Widerstände weiter für seine Überzeugungen kämpfen wird. In der "Schlussphase" seines Pontifikats seien noch Überraschungen zu erwarten. Der 83-jährige Argentinier verstehe sich als Sämann, dessen Saat langfristig aufgehen soll. Umgekehrt zögen die Gegner alle Register, um Veränderungen zu blockieren, so Politi. Schon jetzt habe im Vatikan das Strippenziehen begonnen, um einen Franziskus II. zu verhindern.

Das Buch "Das Franziskus-Komplott - Der einsame Papst und sein Kampf um die Kirche" beschreibt und kommentiert eine große Bandbreite katholischer Debatten und Streitfragen der vergangenen Jahre: Wie können Missbrauch und sexuelle Gewalt durch Priester aufgearbeitet werden? Welche Rechte und Ämter sollen Frauen in der katholischen Kirche erhalten? Wie klerikal und zentralistisch will Kirche sein? Wie ist eine Vermittlung von Tradition und Moderne möglich?

Den Rufen nach dogmatischer Strenge setze Franziskus das Bild eines barmherzigen Gottes entgegen, so der Vatikanexperte. Auch strebe der Papst mehr Entscheidungsfreiheiten und Gestaltungsspielräume für die Kirche vor Ort an. Der Publizist würdigt auch die Bemühungen von Franziskus, die Vatikanfinanzen transparenter zu machen. Viele Fragen, die Politi aus weltkirchlicher Sicht und für deutsche Leser manchmal zu häufig mit italienischer Brille beschreibt, sind Themen des Dialogprozesses der katholischen Kirche Deutschland, des Synodalen Wegs.

Marco Politi (73) ist ein deutsch-italienischer Journalist und Buchautor, der jahrzehntelang als Berichterstatter aus dem Vatikan arbeitete. Im Jahr 2012 sorgte er mit seiner Monografie "Benedikt. Krise eines Pontifikats" für Aufmerksamkeit, in der er Papst Benedikt XVI. Führungsschwäche im Amt zuschrieb. (tmg/KNA)