Entschluss über Höhe der Anerkennungszahlungen seit langem erwartet

Bischof Bode: Nächste Woche Entscheidung über Entschädigungen

Veröffentlicht am 26.02.2020 um 15:33 Uhr – Lesedauer: 

Osnabrück ‐ Wie hoch fallen die Entschädigungszahlungen für Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche in Deutschland künftig aus? Diese Frage diskutieren die Bischöfe seit langem. Laut Bischof Franz-Josef Bode steht die Entscheidung nun kurz bevor – und er sagt auch, welches Modell er persönlich präferiert.

  • Teilen:

Die deutschen Bischöfe werden nach Einschätzung des Osnabrücker Oberhirten Franz-Josef Bode in der kommenden Woche über Anerkennungszahlungen an Missbrauchsopfer entscheiden. Es könne auf ein System hinauslaufen, bei dem es um Summen gehe, die sich mehr am staatlichen Rechtssystem und dort üblichen Entschädigungszahlungen orientieren, sagte Bode am Mittwoch in Osnabrück. Konkrete Zahlen nannte er nicht. Die Deutsche Bischofskonferenz tagt vom Montag bis Donnerstag bei ihrer Vollversammlung in Mainz.

Er selbst favorisiere ein Modell, bei dem ein Gremium auf Bundesebene einheitliche Beträge für Opfer gestaffelt nach Schweregraden festlegt, sagte der stellvertretende Konferenzvorsitzende. Ausgezahlt würden die Beträge dann vom jeweiligen Bistum, in dem der Fall angesiedelt ist. Wichtig sei, dass die Opfer identische Summen erhielten und nicht etwa in reichen Bistümern mehr gezahlt werde als in ärmeren.

Derzeit diskutieren die Bischöfe über ein neues Verfahren für Entschädigungszahlungen. Eine Arbeitsgruppe schlug im September zwei Modelle vor: pro Opfer eine Pauschale von rund 300.000 Euro oder 40.000 bis 400.000 Euro je nach Schwere des Falls. Nun ist von Zahlungen in Höhe eines mittleren fünfstelligen Betrags die Rede. Im Bistum Osnabrück sollen laut Bode keine Kirchensteuermittel für die Zahlungen verwendet werden. Gezahlt werde dann aus Vermögen, das etwa durch Verkäufe entstanden sei.

Frage der Weiheämter für Frauen offenhalten

Weiter sagte Bode, er wolle die Frage der Weiheämter für Frauen in der katholischen Kirche trotz der Absage aus Rom offenhalten. Die Argumente dafür sollten weiterhin vorgebracht werden, betonte der Bischof. "Der Glaube muss sich vor der Vernunft verantworten." Unabhängig davon könnten Frauen in der Verkündigung schon jetzt eine größere Rolle spielen. Dafür habe der Papst den Raum eher noch erweitert, sagte Bode. Er wolle in dieser Frage auch nicht auf die Deutsche Bischofskonferenz warten, sondern Ideen aus eigenen Gremien umsetzen.

Bode forderte zudem die Einrichtung einer kirchlichen Disziplinargerichtsbarkeit in Deutschland. Die kirchenrechtliche Ahndung von Missbrauchsvergehen sei schwierig, weil es keine abgestuften disziplinarrechtlichen Maßnahmen gebe. Die Taten seien in ihrer Schwere aber unterschiedlich. Es bestehe derzeit nur die Möglichkeit, dass Rom den Täter aus dem Klerikerstand entlasse. Das dauere oft Monate.

Bild: ©KNA

Laut der früheren ZDF-Kirchenexpertin Michaela Pilters ist das Bistum Osnabrück in Sachen stärkere Einbindung von Frauen in die Kirche "vorbildlich" aufgestellt.

Die Osnabrücker Diözese zog am Mittwoch eine erste Bilanz ihres vor einem Jahr vorgestellten Konzepts gegen sexualisierte Gewalt. Danach arbeiten mehr als 50 Personen in den fünf Arbeitsgruppen im Schutzprozess mit, darunter Externe, ehrenamtliche und feste Mitarbeiter des Bistums sowie auch Missbrauchsopfer, wie Bode erläuterte. Gerade die Einbindung externer Experten etwa aus dem Bereich Recht sei "von höchster Bedeutung" für die Zukunftsfähigkeit und Wiedergewinnung der Glaubwürdigkeit.

Das Bistum hatte im Februar 2019 sein Konzept vorgestellt. Es umfasst die fünf Handlungsfelder Prävention, Intervention, Verantwortung für Betroffene, Sanktionierung von Tätern sowie die Klärung kircheninterner systemischer Grundsatzfragen. Alle Bereiche werden von einer sogenannten Monitoring-Gruppe gesteuert.

Als eines der wichtigsten Ergebnisse stellte der Präsident des Landgerichts Osnabrück, Thomas Veen, die Erarbeitung von Handlungsanweisungen zum Umgang mit konkreten Fällen sexuellen Missbrauchs vor. Sie sollten sicherstellen, dass Betroffenen geholfen und Vertuschung verhindert werde, sowie dass Täter strafrechtlich verfolgt und innerkirchlich sanktioniert werden könnten. Dazu gehöre, auch bei Therapeuten und Seelsorgern aufgelaufene Fälle bei den Missbrauchsbeauftragten zusammenzuführen. Auch sollten Betroffene bewegt werden, ihren Fall an staatliche Verfolgungsbehörden zu melden. Am Ende eines jeden Verfahrens stehe das persönliche Gespräch mit dem Bischof.

In vier von zehn Verwaltungsabteilungen Frauen an der Spitze

Konkrete Anweisungen der Hilfe sollen darüber hinaus für Gemeinden und Institutionen entwickelt werden, in denen Verdachtsfälle auftauchen, wie der frühere hessische Kultusstaatssekretär Heinz-Wilhelm Brockmann erläuterte. Erarbeitet würden zudem Empfehlungen an das Bistum für den Umgang mit und die Sanktionierung von Tätern.

Die Arbeitsgruppe Systemische Grundsatzfragen plant nach Worten der früheren ZDF-Kirchenexpertin Michaela Pilters Fachtagungen zu Themen wie Machtausübung und -kontrolle sowie zu Sexualität. Ein weiterer Schwerpunkt sei die stärkere Einbindung von Frauen in die Kirche. Das Bistum Osnabrück sei da bereits "vorbildlich" aufgestellt. Ab Mai stünden in vier von zehn Verwaltungsabteilungen Frauen an der Spitze. Pilters kündigte auch eine Initiative zum bislang nur eingeschränkt möglichen Predigtdienst von Frauen an. Bischof Bode sagte seine Unterstützung zu.

Zukünftig sollen laut Bode auch Fälle geistlichen Missbrauchs verfolgt und aufgearbeitet werden. Darunter fielen Manipulationen durch Seelsorger in der geistlichen Begleitung von Menschen. Betroffen seien etwa Menschen mit schwachem eigenen Willen, denen unter dem Deckmantel des "Willen Gottes" der eigene Wille aufgedrückt wurde. Dies sei nicht strafrechtlich zu verfolgen, könne sich allerdings ebenso schädigend auswirken. "Wir hoffen, dass Betroffene sich melden", so Bode. Inzwischen gebe es im Bistum zwei eigens für die Gruppe ernannte Beauftragte. (tmg/KNA/epd)