Liturgiewissenschaftler: Ostern sollte doch noch verschoben werden
Der Münsteraner Liturgiewissenschaftler Clemens Leonhard plädiert für eine Verschiebung des Ostertermins aufgrund der Corona-Pandemie. In einem Beitrag im Internetportal "Feinschwarz.net" (Montag) schlägt er vor, nach Ende der Krise ein Wochenende im Jahreskreis auszuwählen, an dem dann Priester und Laien Ostern gemeinsam feiern. Im kommenden Jahr könne dann der kalendarisch vorgesehene Ostertermin wieder wahrgenommen werden.
Der Liturgiewissenschaftler kritisiert in seinem Artikel die Vorgaben der vatikanischen Gottesdienstkongregation. Diese hatte am 20. März eine Verschiebung des Ostertermins ausgeschlossen, da Ostern als Herz des liturgischen Jahres nicht verschoben werden könne. Kleriker sollen nach dem Willen Roms die Osterliturgie ohne unmittelbare Beteiligung des Volkes Gottes am regulären Termin feiern, während Laien Ausdrücke der Volksfrömmigkeit wie Kreuzwegsandachten und Prozessionen zu einem späteren Termin nachholen könnten. Damit würde der Vatikan, so Leonhard, "das korrekte Handeln des ordnungsgemäß zuständigen Amtsträgers als essentiell und die Feier der Gläubigen demgegenüber als überflüssig" deuten. Eine "vollständige Verschiebung des Festes und die Zusammenführung der Handlungen der Amtsträger und der Versammlung der Gläubigen" dagegen würde die "Liturgie als Ort der Gemeinschaft der Kirche" darstellen.
Beispiele für Flexibilität in Geschichte und Gegenwart der Kirche
Die Berechnung des Ostertermins auf der Grundlage astronomische Überlegungen bezeichnet der Liturgiewissenschaftler als "schönen Schein". Die nun in Rom getroffene Entscheidung ziehe "astronomische Präzision der lebendigen Feier der Gläubigen" vor. Für die Möglichkeit einer Verschiebung bringt Leonhard drei Beispiele ins Feld: Den Umgang mit dem Termin des Pessachfestes im Alten Testament, den Osterfeststreit im zweiten Jahrhundert und die gegenwärtigen unterschiedlichen Ostertermine in der Ökumene.
Schon zu biblischen Zeiten sei es möglich gewesen, aufgrund äußerer Umstände das Pessachfest zu verschieben. Dies könne auch heute als Analogie herangezogen werden. Auch im Osterfeststreit des zweiten Jahrhunderts seien die unterschiedlichen Termine, die aufgrund der Differenzen bei einer Orientierung am Pessachfest einerseits, am christlichen Sonntag andererseits in unterschiedlichen Teilen der Christenheit gefeiert wurden, nicht kirchentrennend gewesen. Schließlich konnte auch bis heute kein einheitlicher Ostertermin für die gesamte Kirche gefunden werden.
Unterschiedliche Ostertermine nicht kirchentrennend, Einheit nicht in Sicht
Aus diesen Beispielen leitet Leonhard ab, dass unterschiedliche Ostertermine nicht kirchentrennend sein müssen. Außerdem werde daran deutlich, dass "der Ostertermin nicht astronomisch evident, sondern synodal festgelegt ist". Daher gehe es nun auch nicht darum, eine neue einheitliche Formel zur Terminberechnung zu erzielen, sondern eine einmalige Ausnahme aufgrund äußerer Umstände zu treffen.
Gegenüber katholisch.de hatte der Kirchenrechtler Ulrich Rhode eine Verschiebung des Ostertermins als weder realistisch noch sinnvoll bezeichnet. Rhode sah darin eine Belastung für die Ökumene. Zudem sei es nicht absehbar, wann die Corona-Krise vorbei sein werde.
Die Westkirchen, darunter die römisch-katholische, begehen den Ostersonntag dieses Jahr am 12. April, die meisten Ostkirchen am 19. April. Verschiedene Initiativen zu einer Vereinheitlichung des Ostertermins sind in den letzten Jahrzehnten gescheitert, auch nachdem Papst Franziskus den Ostkirchen Zugeständnisse angeboten hatte. Als Ostertermin wurde beim Konzil von Nizäa im Jahr 325 der erste Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond festgelegt. Seit der Kalenderreform von Papst Gregor XIII. im Jahr 1582 benutzen die westlichen Kirchen, darunter auch die römisch-katholische, zur Ermittlung dieses Datums jedoch den gregorianischen Kalender, während sich die orthodoxen und orientalischen Kirchen nach dem älteren julianischen Kalender richten. (fxn)