Franziskus warnt vor "viralem Genozid" wegen Corona
Papst Franziskus hat Regierungen gewarnt, während der Corona-Pandemie die Wirtschaft über den Schutz der Bevölkerung zu stellen. Sie riskierten einen "viralen Genozid", zitiert das vatikanische Nachrichtenportal "Vatican News" (Dienstag) aus einem handschriftlichen Brief an einen argentinischen Richter.
Mahnung vor viralem Genozid
Darin räume der Papst zwar ein, dass die von vielen Regierungen verfügten Schutzmaßnahmen auch ein "wirtschaftliches Desaster" bedeuteten. "Aber es wäre traurig, wenn man sich für das Gegenteil entscheiden würde; es würde zum Tod sehr vieler Menschen führen, zu einem viralen Genozid", mahnt Franziskus.
Die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung seien zwar "lästig für alle, die dazu gezwungen sind, sich daran zu halten. Aber das ist immer für das Gemeinwohl, und eine Mehrheit der Menschen akzeptiert sie ja und zeigt eine positive Einstellung."
Franziskus betont weiter, es sei wichtig, "über das Hinterher nachzudenken": Bereits jetzt könne man einige Folgen feststellen, um die man sich kümmern müsse: "Hunger, vor allem bei Menschen ohne feste Arbeit, Gewalt, das Auftauchen von Wucherern (die die wirkliche Pest für die soziale Zukunft bedeuten), Kriminalität".
Zur wirtschaftlichen Zukunft empfiehlt der Papst ein Buch der italo-amerikanischen Ökonomin Mariana Mazzucato vom "University College London" von 2018. Es helfe, "um sich die Zukunft vorzustellen".
Der Papstbrief, der auch als Faksimile im Internet auftauchte, ist an Roberto Andres Gallardo gerichtet. Dieser leitet ein panamerikanisches Richterkomitee und hatte sich mit einem Brief an Franziskus gewandt. Der Papst äußert sich in seiner Antwort einmal mehr besorgt über die rasche Ausbreitung der Pandemie.
Historische Geste
Ende vergangener Woche hatte er in einer historisch beispiellosen Geste um ein Ende der Corona-Pandemie gebetet. Bei der Feier am Freitagabend auf den Stufen des Petersdoms rief Franziskus die Hilfe Gottes in der Notlage und seinen Trost für Kranke und Sterbende an. Abschließend erteilte er den Segen "Urbi et orbi", den feierlichsten Segen der katholischen Kirche, der mit einem Ablass unter anderem für Kranke und Sterbende verbunden ist. Der Freitag war für Italien der schwärzeste Tag in der Corona-Krise. Der Zivilschutz meldete 919 Tote.
Wegen der Ausgangsbeschränkungen blieb der Petersplatz, auf dem sich sonst Zehntausende versammeln, für Gläubige gesperrt. Radio- und Fernsehanstalten aus aller Welt sowie vatikanische Medien übertrugen die Zeremonie live. (gho/KNA)