"In persona Mariae" geisterfüllt das Evangelium verkünden

Schüller: Papstschreiben liefert Argumente für Frauenpredigt

Veröffentlicht am 27.04.2020 um 15:56 Uhr – Lesedauer: 

Berlin/Freiburg ‐ Papst Franziskus hat sich mit "Querida Amazonia" gegen die Frauenweihe ausgesprochen. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht darin aber auch eine Chance für Frauen, "in persona Mariae" zu wirken.

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Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht im nachsynodalen Schreiben "Querida Amazonia" überzeugende Argumente für die Frauenpredigt. Wenn Papst Franziskus die Verkündigung des Evangeliums als herausragende Aufgabe der Frauen herausstelle, sollten sie künftig auch die vorrangigen Erstverkündigerinnen des Evangeliums sein und "kraftvoll" in der Eucharistiefeier die Homilie halten, schreibt der Kirchenrechtler in der "Herder Korrespondenz" (Mai-Ausgabe). Schließlich hätten Frauen auch als Erste die Auferstehungsbotschaft bezeugt und damit die Erfolgsgeschichte des Christentums initiiert.

Mitte Februar hatte Papst Franziskus im Nachgang der Amazonas-Synode im vergangenen Oktober seine Apolstolische Schreiben "Querida Amazonia" veröffentlicht. Darin erteilte er der Weihe für Frauen eine Absage, indem er von einem Reduktionismus auf "funktionale Strukturen" und einer "Klerikalisierung der Frauen" sprach. Stattdessen betonte der Papst, dass Frauen "auf ihre eigene Weise" ihren Beitrag leisteten, beispielsweise indem sie "die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria" weitergäben.

Ein Mensch blättert im Papst-Schreiben "Querida Amazonia"
Bild: ©KNA/Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani

Viele Gläubige erhofften sich im nachsynodalen Schreiben "Querida Amazonia" die Öffnung des Weiheamts für veheiratete Männer und Frauen – und sahen sich enttäuscht.

Für Schüller bedeuten diese eher "kritisch rezipierten Passagen" des Papstes allerdings, dass sich Frauen "nicht mehr mit liturgisch fragwürdigen und untauglichen 'Statio'-Regelungen abspeisen lassen" sollten. Stattdessen könnten sie "in persona Mariae" geisterfüllt das Evangelium verkünden. "Dies würde sie nicht funktionalisieren, reduzieren und klerikalisieren, was ja augenscheinlich die Sorgen des Papstes zu sein scheinen, sondern in dieser prophetischen Dimension käme ihr wahres marianisches Wesen zum Vorschein, zärtlich und kraftvoll zugleich."

Generell sieht Schüller in "Querida Amazonia" auch Spielraum für eine Ausgestaltung von kirchlichen Leitungsämtern für Frauen. Es sei dem Papst ein erkennbares Anliegen, in priesterarmen Gegenden pastorale Nähe vor Ort zu ermöglichen, und zwar "mit bevollmächtigten Frauen und Männern in Ausprägung einer kulturell geprägten neuen Ämter- und Dienststruktur als selbständig handelnde Seelsorgerinnen und Seelsorger", schreibt der Kirchenrechtler. Dadurch weite der Pontifex die eigenständige Übernahme von Seelsorgeämtern durch alle Männer und Frauen ohne Weihe amtstheologisch und damit auch ekklesiologisch aus.

Bald Leitungsämter in der Kurie für Frauen?

Gleichzeitig weist Schüller darauf hin, dass Franziskus auch in seiner übrigen Gesetzgebung auf eine "jahrhundertelange Praxis" der Kirche zurückgreife, die die Übernahme von Leitungsgewalt durch Laien kannte. So werde im neuen Gesetz zur Arbeit der Römischen Kurie voraussichtlich stehen, dass grundsätzlich alle Ämter der Kurie für Frauen und Männer offen stünden, außer sie sind zwingend mit der Ausübung von Weihegewalt verbunden. "Wenn man so will, könnte man also sagen, dass die Kirche als Preis für den Ausschluss der Frauen von der Weihe sie tatsächlich mit realer Leitungs- und damit Entscheidungsgewalt ausstattet", betont Schüller.

Diese Entwicklung sollte nach Schüllers Einschätzung auch von den Mitgliedern des Forums "Macht, Gewaltenteilung und Partizipation" des Synodalen Wegs wahrgenommen werden, "weil hier wirkliche Potenziale zur Leitungswahrnehmung durch Frauen bestehen". Es gebe etwa keine zwingenden theologischen Gründe, dass die Domkapitel rein männlich besetzt sein müssten. "Und so müsste man auch mutig über das Kardinalskollegium nachdenken." (mal)