Wo ist die gemeinsame Stimme der Kirchen in Europa?
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An diesem Dienstag ist Europa-Tag, der 5. Mai erinnert an die Gründung des Europarates. Schon in Zeiten vor Corona fiel das kaum jemandem auf. Dabei bräuchte Europa jedes Zeichen der Gemeinschaft. Und bitte nicht nur gute Worte oder Tweets von Repräsentanten und Politikern.
Auch der Abschied Großbritanniens aus der Europäischen Union rüttelte kaum jemanden wach. Stattdessen wachsen die Sorgen. In Polen stehen die seit Jahren betriebene Justizreform und das aktuelle Ringen um die Wahl des nächsten Staatspräsidenten für eine Abkehr von europäischen Prinzipien. In Ungarn hat Ministerpräsident Viktor Orbán die vergangenen Monate für ein "Ermächtigungsgesetz" genutzt, das de facto die Abkehr von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bedeutet. Ein Trauerspiel.
Beides sind wichtige Länder, Länder mit großer christlicher Tradition. Beides sind Länder, in denen auch während der Diktaturen des Kalten Krieges stets starke Stimmen den Ruf nach Freiheit und Demokratie hochhielten. Und nun? Was in diesen Ländern passiert, klingt wie ein Abgesang auf europäische Ideen. Dabei kann Europa in der neu entstehenden Weltordnung nur gemeinsam agieren.
Und die katholische Kirche? Vor mehr als fünf Jahren besuchte Papst Franziskus Straßburg und hielt vor den europäischen Institutionen wirklich große Reden voller Respekt für die europäische Idee, voller Sorge um das Bild der Gegenwart. Nachhaltig gebracht haben sie wenig. Egal ob in der Frage der Rechtsstaatlichkeit, der Flüchtlingspolitik oder aktuell der Solidarität im Kampf gegen die Corona-Pandemie - die Kirche, die Kirchen oder auch alle Religionen wirken da kaum wie eine wichtige Stimme oder ein eindrucksvoller Akteur im außer-politischen Raum. Die Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE) hat mit Kardinal Jean-Claude Hollerich einen starken Präsidenten. Aber kümmern ihre Mahnungen jemanden? Kann die Kommission die nationalen Bischofskonferenzen mitnehmen?
In einigen Jahren - daran wird seit langem gearbeitet - wird es einen Europäischen Kirchentag geben. Eine schöne Idee. Aber wenn die Kirchen des Kontinents sich jetzt nicht stärker auf das Gemeinsame besinnen, auf Ideen und Grundwerte, und dafür auch unter Druck streiten, wird das europäische Christentreffen eine traurige Erinnerungsveranstaltung.