Bereits Franziskus' Vorgänger legte einen der Titel offiziell ab

Vicarius Christi und Co.: Die Titel des Papstes und ihre Bedeutung

Veröffentlicht am 11.05.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Titoli storici" – eine kleine Veränderung im päpstlichen Jahrbuch mit großer Wirkung. Plötzlich diskutierte die katholische Welt, ob Franziskus die uralten Titel des Papstamtes abgeschafft haben könnte. Doch ob nun "historisch" oder noch aktuell: Was ist der Papst denn außer Bischof von Rom?

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Bischof von Rom

Der ursprünglichste Titel eines jeden Papstes lautet "Bischof von Rom". Der Papst ist zunächst Bischof und als solcher Teil des Bischofskollegiums; seine Diözese ist Rom. Die Aufgaben, die normalerweise ein Diözesanbischof in seinem Bistum wahrnimmt, hat der Papst an den Kardinalvikar delegiert. Obwohl dieser in Vertretung des Papstes die anfallenden Dienste im Bistum übernimmt, hat er nur den Rang eines Weihbischofs inne, ihm kommt der Status eines Generalvikars zu. Rechtlich ist der Papst der Bischof von Rom: Weil er diesen Bischofssitz innehat, ist er Papst, und nicht, weil er Papst ist, ist er auch noch Bischof von Rom. Dies leitet sich von der Überlieferung ab, dass Petrus der erste Bischof der Gemeinde von Rom war. Da der Papst in der Nachfolge des Apostels Petrus steht, ist er eng mit dem Bischofssitz der Stadt Rom verbunden. Besonders Papst Franziskus legt großen Wert auf diesen Titel. Schon in den ersten Worten nach seiner Papstwahl betonte er: "Die Diözesan-Gemeinschaft von Rom hat ihren Bischof: Danke! (…) Und jetzt beginnen wir diesen Weg, Bischof und Volk. Dieser Weg der Kirche Roms, der jener ist, der in der Barmherzigkeit allen Kirchen vorsteht."

Stellvertreter Jesu Christi auf Erden

Der zweite Titel, den der Papst für sich beansprucht, Vicarius Christi, ist durchaus nicht unumstritten. Es erweckt den Eindruck, als ob Christus auf der Erde einen menschlichen Vertreter bräuchte, der an seiner statt die Kirche durch die Zeiten führt. Auch führt er zu einer Überhöhung des Papstamtes, das damit beinahe in göttliche Sphären entrückt ist. Der Papst ist aber in erster Linie Nachfolger des Apostels Petrus und ist dadurch mit den anderen Aposteln beziehungsweise den Nachfolgern der Apostel, also den Bischöfen, kollegial verbunden. Mit dem Titel "Vicarius Christi" ist dieser Gedanke aber nur schwerlich nachzuvollziehen. Denn wie kann der Papst zugleich Teil eines Kollegiums sein, ihm aber doch gewissermaßen überlegen sein? Gleichzeitig stützt dieser Titel gewisse Vorstellungen von Macht und Autorität, die mit dem Papstamt verbunden werden. Es scheint, als würde dadurch noch einmal sehr ausdrücklich die außerordentliche Stellung des Papstes im Gefüge der Kirche betont, wie sie besonders im Ersten Vatikanischen Konzil festgeschrieben worden ist.

Diese Bezeichnung leitet sich übrigens vom Nachtragskapitel des Johannesevangeliums ab, in dem erzählt wird, dass Jesus Petrus mit dem Dienst beauftragt, seine Schafe zu weiden (Joh 21,15-19). In der Theologiegeschichte wurde der Titel übrigens zunächst für alle Priester und Bischöfe verwendet: Wenn sie zum Beispiel der Eucharistiefeier vorstehen, dann handeln sie "in persona Christi". Dadurch ist keine Überhöhung der Person des Vorstehers ausgesagt, sondern damit soll verdeutlicht werden, dass, wann immer ein Sakrament gespendet wird, Christus selbst der Spender ist. Derzeit ist weitgehend unklar, ob Papst Franziskus diesen Titel abgeschafft hat. Dass er im Annuario Pontifico von 2020 unter der Überschrift "historische Titel" geführt wird, könnte zumindest ein Hinweis darauf sein.

Die Kathedra des Papstes als Bischof von Rom in der Lateranbasilika.
Bild: ©katholisch.de

Die Kathedra, also der Bischofsstuhl, des Papstes als Bischof von Rom in der Lateranbasilika.

Nachfolger des Apostelfürsten Petrus

Der Papst ist Nachfolger des Apostels Petrus: Wie Petrus innerhalb des Zwölferkollegiums eine besondere Stellung als dessen Sprecher zukam, so steht der Papst innerhalb des Bischofskollegiums als primus inter pares (erster unter Gleichen) an dessen Spitze. Gemäß der dogmatischen Festlegung, wie sie im Ersten Vatikanischen Konzil erfolgt ist, begründet sich das Papstamt in den Worten Jesu an Petrus, speziell im Felsenwort (Mt 16,18). Der Papst versteht sich daher als Nachfolger des Petrus, dem nicht nur die Sprecherrolle im Zwölferkreis zukam, sondern der eben auch zur Stärkung der Brüder beauftragt worden ist (Lk 22,32). Die Konstitution "Pastor Aeternus" hält daher auch ausdrücklich fest: "Wer immer daher auf dem Stuhl Nachfolger Petri wird, der erlangt nach der Bestimmung Christi selbst auch den Primat Petri über die ganze Kirche". Aus seiner Funktion als Nachfolger des Apostels Petrus erwächst daher die Sonderstellung, die dem Papst innerhalb des Bischofskollegiums und innerhalb der Weltkirche zukommt.

Interessant ist dabei, dass ein Zusammenhang zwischen dem Bischof von Rom und der Nachfolge des Apostels Petrus relativ spät, nämlich Mitte des 3. Jahrhunderts in einem Brief des Bischofs Cyprian von Karthago nachweislich ist. Erst im 4./5. Jahrhundert hat dieses Verständnis der Nachfolge Petri schließlich das Amt des Bischofs von Rom geprägt, das sich in der Gesamtkirche jedoch nur sehr langsam durchsetzen konnte.

Summus Pontifex Ecclesiae Universalis

Dieser Titel, der oftmals verkürzt als "Pontifex Maximus" verwendet wird, stammt ursprünglich aus dem Römischen Reich und bezeichnete dort zunächst einen Kultbeamten, später den Kaiser selbst. Im Zuge der Christianisierung wird der Titel kaum noch mit dem Kaiser in Verbindung gebracht, vermutlich mit Leo dem Großen (440-461) haben schließlich die Päpste diese Bezeichnung für sich übernommen.

Wenngleich die genaue Wortbedeutung von "Pontifex" nicht hinreichend geklärt werden kann, lässt es sich doch volksetymologisch als "Brückenbauer" wiedergeben ("pons facere"). Das ist eigentlich ein Titel, der die Aufgaben des Papstamtes sehr gut zusammenfasst: Der Papst baut nicht nur die Brücke zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und den Menschen. Sein Dienst besteht auch darin, Brücken zwischen den Menschen zu schlagen, innerkirchlich, aber auch zu denen, die nicht Teil der Kirche sind. Und gerade in den Pontifikaten der letzten Päpste zeigt sich auch die politische Dimension dieses Titels, wenn sie zu Brückenbauern zwischen Regimen oder verfeindeten Völkern werden.

Ein Mann in einer Buchhandlung hält das päpstliche Jahrbuch aufgeschlagen in Händen.
Bild: ©KNA

Das Annuario Pontificio ist das auf Italienisch erscheinende päpstliche Jahrbuch. Es enthält neben einer aktuellen Liste der Päpste, dem Status des Kardinalskollegiums und der Römischen Kurie ein vollständiges Verzeichnis aller Diözesen und anderen Territorien der Katholischen Kirche, ein Verzeichnis der Ordensgemeinschaften, sowie ein Personenregister aller in den vorigen Teilen angeführten Personen, sowie aller anderen, die einen päpstlichen Ehrentitel wie Apostolischer Protonotar, Ehrenprälat oder Kaplan Seiner Heiligkeit erhalten haben. Das Foto zeigt das Jahrbuch von 2008, während der Amtszeit von Benedikt XVI.

Primas Italiae

"Primas" ist ein reiner Ehrentitel, der die besondere Bedeutung eines Bischofssitzes für ein Land unterstreicht. Rom ist so zum Beispiel der erste der italienischen Bischofssitze; diese Vorrangstellung beinhaltet aber de iure nur bestimmte Ehrenrechte.

Archiepiscopus et Metropolitanus Provinciae Romanae

Der Papst ist als Bischof von Rom gleichzeitig Erzbischof und Metropolit der römischen Kirchenprovinz. Dadurch unterscheidet sich der Papst nicht von anderen Metropolitanbischöfen. Das Pallium, das dem Papst bei seiner Amtseinführung verliehen wird, weist auf diese Stellung als Metropolit hin. Wenngleich der Papst als einziger Erzbischof sein Pallium auch außerhalb der eigenen Kirchenprovinz tragen darf: Der Papst ist episcopus universalis.

Souverän des Staates der Vatikanstadt

Da der Papst nicht nur geistliches Oberhaupt einer Religionsgemeinschaft ist, sondern auch Staatsoberhaupt, trägt der Papst auch diesen völkerrechtlichen Titel. Während alle vorgehenden Bezeichnungen religiöser Natur sind, ist das der einzige weltliche Titel, der dem Papst zukommt.

Servus Servorum Dei

"Paulus, Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel" (Röm 1,1) so beginnt der paulinische Römerbrief. Papst Gregor der Große hat aus dieser Grußadresse des Paulus den Titel "Knecht" aufgenommen und ihn auf das eigene Amt bezogen. Eine Aufgabe des Papstamtes besteht darin, "Diener der Diener Gottes zu sein", womit eine besondere Note auf dem Dienstgedanken liegt. Nach Gregor haben die Päpste den Titel zunächst zögerlich, dann sehr rege rezipiert. Mancher Inhaber des Petrusamtes hat in der langen Geschichte des Papsttums diesen Titel auch wirklich mit Leben gefüllt.

Patriarch des Abendlandes

Neben den vier Patriarchaten des Ostens (Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem), wurde der Bischofssitz von Rom als Patriachat des Westens beziehungsweise Patriarch des Abendlandes verstanden. Wohl ab dem siebten Jahrhundert war der Titel für den römischen Bischof in Gebrauch, im Lauf der Jahrhunderte wurde er mehr oder weniger häufig genutzt. Seine Problematik bestand vor allem darin, dass der Begriff "Abendland" keine genaue Definition irgendeines bestimmten Territoriums zuließ und dahingehend sehr vage war. Papst Benedikt XVI. hat aufgrund dieser Begriffsunschärfe den Titel im Jahr 2006 auch abgelegt. Gerade im Hinblick auf den ökumenischen Dialog wurde der Verzicht auf den Titel weitgehend begrüßt.

Von Fabian Brand