Papst erkundigt sich nach Lage der Pandemie in Brasilien
In einem Telefonat mit dem brasilianischen Kardinal Odilo Scherer hat sich Papst Franziskus über die Corona-Pandemie in Brasilien informiert. Franziskus habe ihn am Samstag auf dem Mobiltelefon angerufen und ihn um eine Einschätzung der Lage gebeten, sagte der Erzbischof von Sao Paolo dem Portal Vatican News (Sonntag).
Besonders habe der Papst um Informationen zur Situation der Ärmsten in Brasilien gebeten. Angesichts der Infektionszahlen und teils mangelnden Maßnahmen habe sich Franziskus sehr besorgt geäußert, so Scherer. Insgesamt gibt es im größten Land Lateinamerikas gut 156.000 registrierte Fälle, davon knapp 10.700 Tote.
Im Bundesstaat Sao Paulo gibt es momentan die höchste Zahl an Infizierten und Toten. Die Zahl der Todesopfer dort beträgt über 3.600. Der Bundesstaat verlängerte unlängst den Notstand bis zum 31. Mai. Nicht einmal jeder zweite Bürger folgt jedoch den Empfehlungen zur sozialen Isolation. Brasiliens Staatspräsident Jair Bolsonaro spielt die Corona-Gefahr bislang herunter.
Derweil bemüht sich die katholische Kirche des Landes, mit Präventionsmaßnahmen und einem landesweiten Netz von Gesundheitseinrichtungen dem Virus zu begegnen. Auch im Amazonasgebiet trifft die Pandemie viele Menschen ungeschützt. Das Bistum Olinda und Recife hat kürzlich ein ganzes Klinikum komplett zur Behandlung für Covid-Patienten umgerüstet.
Papst betet für Europa
In seiner Frühmesse am Sonntag hat Franziskus für Europa gebetet. Zu Beginn des Gottesdienstes in der Kapelle seiner Residenz erinnerte er an den 70. Jahrestag der Erklärung Robert Schumans, mit der die europäische Einigung ins Leben gerufen wurde, sowie an das Ende des Zweiten Weltkriegs. "Wir bitten heute den Herrn, dass Europa geeint wächst, in einer brüderlichen Einheit, die alle Völker in Vielfalt wachsen lässt", so das Kirchenoberhaupt. Die Frühmessen des Papstes werden live im Internet und im italienischen Fernsehen übertragen, wo sie zum Teil hohe Einschaltquoten erzielen.
Franziskus erinnerte zum einen an die Erklärung des französischen Außenministers Robert Schuman vom 9. Mai 1950, in der dieser eine Kohle- und Stahlunion in Europa vorschlug. Diese wurde zur Grundlage der Europäischen Gemeinschaft. Andererseits bezog der Papst sich auf das Kriegsende in Europa vor 75 Jahren am 8. Mai 1945.
Auch im Rahmen des traditionellen Mittagsgebets am Sonntag ging es Franziskus um Europa: Der Papst rief die politisch Verantwortlichen in Europa eindringlich zu Solidarität und Kooperation auf. Es gehe darum, "die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie im Geist der Harmonie und Zusammenarbeit zu bewältigen", sagte das Kirchenoberhaupt. Die Idee einer Union europäischer Staaten vor 70 Jahren habe "die Versöhnung der Völker des Kontinents nach dem Zweiten Weltkrieg sowie die lange Periode der Stabilität und des Friedens ermöglicht, von der wir heute profitieren". In diesem Geist sollten auch die Verantwortlichen der EU heute handeln.
Schon mehrfach hatte Franziskus sich besorgt über Entwicklungen in Europa geäußert. Auf dem Rückflug von seiner Rumänienreise im Juni vor einem Jahr forderte er mitreisende Journalisten auf: "Betet für Europa!" Man möge an die Lage 1914 oder die 1930er Jahre denken, so der Papst damals. "Lasst uns nicht dahin zurückkehren; lernen wir aus der Geschichte", warnte er. (cst/KNA)
10.05.2020, 12:45 Uhr: Aktualisiert um Aussagen von Papst Franziskus beim Mittagsgebet.